Republikanischer US-Präsidentschaftskandidat stolpert über angebliche Affären. Rennen ist offen

Washington. Er stieg aus dem Nichts zu einem Geheimtipp im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner in den USA auf. Jetzt ist Herman Cain abgestürzt, wie vor ihm schon der texanische Gouverneur Rick Perry und die Kongressabgeordnete Michele Bachmann. Nach konkreter werdenden Vorwürfen sexueller Belästigung gab Cain, 65, am Wochenende bekannt, dass er aus dem Kampf um das Weiße Haus aussteigen werde. Ein Rückzug, der nicht mehr überraschend kam, nachdem die Zustimmung zu Cain in seiner Partei innerhalb eines Monats von 23 auf acht Prozent gefallen war. Die verbliebenen Favoriten der Republikaner sind nun Mitt Romney, 64, ehemaliger Gouverneur von Massachusetts, und Newt Gingrich, 68, der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses.

Herman Cain, ehemaliger Chef einer Pizzakette, hatte sich gerade wegen seiner mangelnden Erfahrung als Gegenentwurf zum politischen Establishment inszeniert. Der Außenseiter punktete bei seiner Klientel mit ebenso simplen wie bizarren Forderungen und griffigen Zuspitzungen, besonders mit dem verwegenen Plan einer Einheitssteuer von neun Prozent. Er machte sich aber auch bei den Anhängern der konservativen Tea-Party-Bewegung beliebt, weil er sich gegen Einwanderer und Abtreibung positionierte und als scharfer Kritiker des Islam hervortrat.

Bei den internen Fernsehdebatten der Republikaner indes verlor der einzige afroamerikanische Bewerber wegen mehrerer Pannen an Zuspruch, als ihm etwa zum Thema Libyen nichts einfiel. Das ratlose "Okay, Libyen" nach langer Stille wurde unter seinen Gegnern zum geflügelten Wort. Dramatisch wurde seine Lage, als Vorwürfe wegen sexueller Belästigung auftauchten. Zunächst hatten vier Frauen Cain beschuldigt. Dann trat auch noch eine angebliche Geliebte vor die Kameras und sprach von einer 13 Jahre langen Affäre mit dem Unternehmer. Erneut wies Cain alle Vorwürfe zurück: "Ich bin in Frieden mit meinem Gott, im Frieden mit meiner Ehefrau, und sie ist im Frieden mit mir." Allenfalls ließ er sich entlocken: "Ich habe viele Fehler gemacht in meinem Leben. Aber das hat jeder."

Seinen Rückzug verkündete er pathetisch: "Von heute an, nach vielen Gebeten und ausgiebiger Gewissensprüfung, setze ich meine Präsidentschaftsbewerbung wegen der anhaltenden Ablenkungen und dem damit verbundenen anhaltenden Schmerz für meine Familie aus." Trotz seines Rückzugs gab sich Cain kämpferisch. "Ich werde mich nicht mundtot machen lassen", kündigte er am Wochenende in Atlanta seinen "Plan B" an. "Ich werde nicht verschwinden." Statt US-Präsident Barack Obama direkt herauszufordern, wolle er jetzt Washington "von außen her verändern". Cain kündigte an, nun einen anderen Kandidaten zu unterstützen. Offiziell hat er seine Kampagne nur "unterbrochen". Denn bei einer Einstellung des Wahlkampfs dürfte er keine Spendengelder mehr einsammeln.

Am 3. Januar beginnen im Bundesstaat Iowa die Vorwahlen - doch große Begeisterung hat im Lager der Republikaner bisher kein Bewerber auslösen können. Mitt Romney gilt als geschmeidig, aber langweilig. Ein großer Teil der republikanischen Basis findet ihn zu liberal und nicht standfest genug. Dass er Mormone ist, macht ihn für viele konservative Christen nicht wählbar. Newt Gingrich wiederum wird als großer Widersacher von Bill Clinton einer längst vergangenen politischen Ära zugeordnet. Dass er schon zum dritten Mal verheiratet ist, passt nicht gerade ins Bild des gottesfürchtigen Konservativen, das er selbst von sich zeichnet. Neben Romney, Gingrich, Perry und Bachmann sind noch die ehemaligen Gouverneure Jon Huntsman (Utah) und Gary Johnson (New Mexico), der Abgeordnete Ron Paul und der Senator Rick Santorum im Rennen.