Bei einem folgenschweren Nato-Luftangriff starben mindestens 24 pakistanische Soldaten. Nun sollen die US-Streitkräfte ihren Stützpunkt räumen

Islamabad. Nach einem Angriff von Nato-Kampfhubschraubern auf einen pakistanischen Militärposten an der Grenze zu Afghanistan hat Islamabad die USA zur Räumung eines Luftwaffenstützpunkts aufgefordert. Die US-Streitkräfte sollten die Basis in Shamsi im Südwesten des Landes innerhalb von 15 Tagen räumen, bestätigte das pakistanische Außenministerium gestern. Von dem Fliegerhorst starten auch US-Drohnen.

Bei dem US-Angriff waren nach offiziellen Angaben 24 pakistanische Soldaten getötet worden, mindestens 13 wurden verwundet. Möglicherweise sind afghanische Soldaten für die Angriffe verantwortlich. Afghanische Truppen seien an der Grenze zu Pakistan unter Beschuss geraten und hätten Hilfe der Nato angefordert, hieß es aus afghanischen Regierungskreisen.

Als erste Reaktion sperrte Pakistan am Sonnabend die Grenze zu Afghanistan für den Nato-Nachschub. Die Nato transportiert etwa 40 Prozent ihres Nachschubs über das Land. Auch stellte Pakistan seine Teilnahme an der Petersberg-Konferenz in Bonn infrage, wo die internationale Gemeinschaft am kommenden Montag über eine langfristige Befriedung am Hindukusch berät.

Gestern fand die Beisetzung der 24 Opfer in Peshawar, der Hauptstadt der Provinz Khyber-Pakhtunkwa, statt. Armeechef Ashfaq Parvez Kayani nahm an der Zeremonie teil.

Außenministerin Hina Rabbani Khar habe ihrer US-Amtskollegin Hillary Clinton mitgeteilt, der Angriff habe die Fortschritte in der Verbesserung der Beziehungen zwischen Washington und Islamabad "zunichtegemacht", erklärte das pakistanische Außenministerium. Der Angriff habe Pakistans Souveränität verletzt und zeige eine "völlige Geringschätzung von Menschenleben und Völkerrecht", sagte die Ministerin. Pakistan sei nun gezwungen, die Bedingungen für die Zusammenarbeit mit den USA zu überdenken. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach Khar in einem Telefonat seine Bestürzung über den Vorfall aus. Westerwelle habe deutsche Unterstützung bei der Behandlung von Verletzten angeboten. Die Bundesregierung gehe davon aus, dass Isaf und Nato alles tun würden, um den bestürzenden Vorfall lückenlos aufzuklären.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bedauerte den Angriff als "tragischen, unbeabsichtigten Zwischenfall". Er versicherte, die Untersuchung des Falls zu unterstützen, und sprach den Familien der getöteten pakistanischen Soldaten sein "tiefstes Beileid" aus. Die Untersuchung des Falls werde zeigen, was passiert sei. "Wir werden daraus die richtigen Lehren ziehen." Rasmussen sicherte Pakistan zugleich zu, eine intensive Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus fortzusetzen. Auch Clinton und US-Verteidigungsminister Leon Panetta sprachen angesichts der vielen Toten Pakistan ihr "tiefstes Beileid" aus. Zugleich unterstützten sie die Absicht der Nato zur sofortigen und vollständigen Aufklärung des Zwischenfalls und sagten enge Zusammenarbeit mit den pakistanischen Stellen zu.

Das Verhältnis zwischen Islamabad und Washington ist seit längerer Zeit angespannt. US-Drohnenangriffe auf angebliche Taliban-Stützpunkte in Pakistan rufen in der Bevölkerung Wut hervor. Die Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama Bin Laden im Mai in Pakistan durch US-Einheiten verschlechterte das Verhältnis weiter.

Die Kampfhubschrauber hätten die Militärposten im Stammesgebiet Mohamad "ohne vorherige Provokation" angegriffen, sagte ein pakistanischer Armeesprecher. Der betroffene pakistanische Stützpunkt Salala liegt in einem abgelegenen Gebiet, das die radikalislamischen Taliban als Rückzugsraum nutzen. Nach Angaben aus pakistanischen Sicherheitskreisen sollen Extremisten diese Route zur Infiltration nach Afghanistan nutzen.