Künftiger Ministerpräsident legt sich aber noch nicht auf konkrete Sparmaßnahmen fest. Finanzmärkte machen weiter Druck

Madrid. Nach dem Wahlsieg seiner konservativen Volkspartei (PP) hat der designierte spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy seine Landsleute auf eine lange Durststrecke eingestimmt. Der 56-Jährige legte sich aber noch nicht auf konkrete Schritte gegen die Schuldenkrise fest. Trotz der langen Übergangszeit bis zum Amtsantritt um den 20. Dezember herum wird Rajoy wegen der drängenden wirtschaftlichen Probleme kaum Zeit bleiben, seinen Wahlsieg zu genießen. Die unruhigen Finanzmärkte warten auf Hinweise, welche Einschnitte der künftige Regierungschef plant, um Spanien aus der Schuldenkrise herauszuführen. Der Chef der Volkspartei hat bislang nur allgemein angekündigt, die Staatsfinanzen in Ordnung zu bringen und den Arbeitsmarkt zu reformieren.

Spanien gehört in der Schuldenkrise zu den Problemländern der Euro-Zone. Der Staat muss für seine Anleihen derzeit Zinsaufschläge zahlen, die auf Dauer kaum finanzierbar sind. Spanien hat sich bei der EU dazu verpflichtet, die staatliche Neuverschuldung von zuletzt 9,3 Prozent des BIP (2010) in diesem Jahr auf 6,0 Prozent zu senken. 2012 soll das Defizit auf 4,4 und 2013 unter die zulässige Höchstgrenze von 3,0 Prozent gedrückt werden. Dazu müssten bereits im Haushalt für 2012 etwa 20 bis 25 Milliarden Euro eingespart werden. Die spanische Wirtschaft stagniert und droht in eine Rezession zurückzufallen. Für 2011 erwartet Madrid eine Wachstumsrate von 0,8 Prozent. Ein solch geringes Wachstum erlaubt kaum einen Abbau der Arbeitslosigkeit. Spanien hat mit 21,5 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in der EU.

"Ich bitte euch alle, mir weiterhin zu helfen. Schwere Zeiten stehen uns bevor", sagte Rajoy vor jubelnden Anhängern in der Parteizentrale in Madrid. Im Kampf gegen die Schuldenkrise dürfe niemand Wunder erwarten. Als Ministerpräsident wolle er aber alles daransetzen, Spanien wieder zu mehr Ansehen in Europa zu verhelfen. "Spaniens Stimme muss wieder respektiert werden in Brüssel und Frankfurt", sagte Rajoy. "Wir werden aufhören, Teil des Problems zu sein, und werden Teil der Lösung sein." Der Wahlsieger kündigte an, mit allen Regionen des Landes nun rasch darüber zu beraten, wie die Wirtschaftskrise am besten bekämpft werden kann.

Die PP ereichte bei der Wahl am Sonntag 45 Prozent und sicherte sich im Parlament eine absolute Mehrheit von 186 der insgesamt 350 Sitze. Die derzeit regierenden Sozialisten verloren massiv an Zustimmung, kamen auf 29 Prozent. Die Partei des scheidenden Regierungschefs José Luis Rodríguez Zapatero stellt damit nur noch 111 Abgeordnete. Es ist das schlechteste Ergebnis der Sozialisten seit Wiedereinführung der Demokratie nach dem Ende der Franco-Diktatur 1975. Spaniens sozialistisches Kabinett ist die fünfte Regierung der Euro-Zone, die in diesem Jahr im Zuge der Schuldenkrise weichen musste. Zuvor hatte es in Griechenland, Italien, Portugal und Irland Regierungswechsel gegeben.

Die Aktienmärkte reagierten positiv auf den Machtwechsel, da Rajoy als wirtschaftsfreundlich gilt, obwohl der Sieg der PP in Umfragen vorhergesagt worden war. Die Renditen auf zehnjährige Staatsanleihen waren vergangene Woche auf fast sieben Prozent geklettert. Das gilt als kritische Schwelle für das Bedienen von Schulden. Gestern tendierten sie bei 6,5 Prozent.