Die EU-Kommission muss sich bei der Euro-Rettung gegen Merkel und Sarkozy behaupten

Brüssel. Es ist noch nicht so lange her, da waren die regelmäßigen Auftritte des Präsidenten der EU-Kommission vor dem Plenum der Europaabgeordneten ein Punkt auf der langen Agenda, die bei den Straßburger Plenarsitzungen abgearbeitet werden musste. Mit der EU-internen Krise, ausgelöst durch die Finanz- und Wirtschaftskrise, hat sich das jedoch stark gewandelt. Mit José Manuel Barroso spricht dann der Mann, der das exponierteste Amt besitzt, um Europa als Ganzes durch die heftigsten Turbulenzen seit Gründung der Union zu bringen.

Derjenige, der dafür Sorge tragen muss, dass die Regierungschefs nicht aus innenpolitischem Kalkül die gesamteuropäischen Interessen über Bord werfen. "Wir können nicht Maßnahmen beschließen und anschließend gleich die Umsetzung vergessen", mahnte Barroso. Die Botschaft: Hier bin ich, und ich mache den EU-Mitgliedern für Europa Beine!

Eine langfristige Stabilisierung der Euro-Zone tut not, das zeigt sich in Athen und Rom. In Griechenland können sich die Politiker nicht zur Einigkeit durchringen. In Italien kaufen die Märkte dem designierten Premier Mario Monti nicht ab, dass er eine verkorkste politische Klasse tatsächlich auf Kurs bringt. Wie instabil die Situation in Frankreich und Spanien ist, zeigen die Panik um das französische Rating und die steigenden Renditen, die Madrid den Investoren zahlen muss.

Heute wird Barroso den Parlamentariern einen ganzen Katalog weiterer Maßnahmen vorstellen - nicht zuletzt, um damit auch den Platz der EU-Kommission und des Parlaments in der Krise zu verteidigen und diese neue Allianz Brüssel/Straßburg weiter zu zementieren. Von einer solchen war der Portugiese vor gut zwei Jahren weit entfernt, als er das Votum des EU-Parlaments für eine zweite Amtszeit brauchte. Bis auf seine konservativen Parteifreunde der Europäischen Volkspartei ließ kaum jemand ein gutes Haar an ihm. Die Grünen schlugen im Plenum sogar mit "Stoppt Barroso"-T-Shirts auf.

Heute wehren sich Parlament und Kommission, dass ihnen die Euro-Chefs - allen voran die Bundeskanzlerin und der französische Präsident - das Heft weiter aus der Hand nehmen. Angesichts der Schreckensmeldungen aus der Euro-Zone musste schnell gehandelt werden, Angela Merkel und Nicolas Sarkozy trafen die Entscheidungen erst bilateral und dann mit den 15 anderen Euro-Ländern. Barroso hatte kaum Chancen zum Dazwischengrätschen.

Im Sommer schreckte Barroso auf, dass Berlin und Paris mit einer gesonderten Euro-Regierung liebäugelten. Aber das Blatt hat sich gewendet, und wenn die Kanzlerin sagt, dass "es Zeit ist für einen Durchbruch zu einem neuen Europa", dann versteht Barroso diesen Appell als Arbeitsauftrag.

Wie Merkel will auch Barroso Strafen für chronische Defizitsünder zum "Teil einer europäischen Innenpolitik" (O-Ton Merkel) machen. So soll die Kontrolle von Euro-Ländern, die gegen die Stabilitätsvorschriften verstoßen, durch die Aufsicht der Brüsseler Behörde institutionalisiert werden.

Die Rettungsschirme sollen durch eine von der Kommission gesteuerte Überwachung "Gemeinschaftsmethode" werden. Will heißen, dass die Rettungsaktionen in der Euro-Zone nicht mehr von den Mitgliedern gesteuert werden, sondern dass EU-Kommission und EU-Parlament Mitspracherecht erhalten. Im Sinne Berlins ist dabei auch, dass keine Ad-hoc-Troikas tageweise nach Athen reisen, sondern dass eine dauerhafte Assistenz der angeschlagenen Staaten die Reformen im Gegenzug für Finanzhilfen sicherstellt.