Italiens Ministerpräsident verliert Mehrheit im Parlament. Finanzmärkte reagieren positiv

Rom. Die politische Karriere des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi steht vor dem Ende. Der in zahlreiche Sex- und Korruptionsskandale verwickelte 75-Jährige werde nach der Verabschiedung des nächsten Haushaltsgesetzes zurücktreten, sagte Staatspräsident Giorgio Napolitano nach einem Gespräch mit dem Regierungschef gestern Abend in Rom.

Zuvor hatte Berlusconi zwar eine Haushaltsabstimmung im Abgeordnetenhaus gewonnen, aber keine absolute Mehrheit mehr hinter sich. Sein Koalitionspartner Umberto Bossi von der Lega Nord hatte ihn zum Rücktritt aufgefordert. Die Finanzmärkte reagierten mit Kursgewinnen auf die Ankündigung des Präsidenten.

Als möglicher Nachfolger Berlusconis wurde der Generalsekretär der Regierungspartei PDL, Angelino Alfano, genannt. Im Gespräch sind aber auch andere Kandidaten, darunter der ehemalige EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti, als Chef einer Übergangsregierung. Da Berlusconi Neuwahlen bisher ablehnt, könnte ihn auch sein enger Vertrauter, Kabinettsminister Gianni Letta, als Regierungschef beerben.

Die Abstimmung über den Rechenschaftsbericht zum Haushalt 2010, die normalerweise eine reine Formsache ist, galt als entscheidend für Berlusconi. Fünf PDL-Abgeordnete und die großen Oppositionsparteien hatten ihre Enthaltung angekündigt. Lediglich 308 der 630 Abgeordneten stimmten für die Vorlage, die absolute Mehrheit hätte bei 316 Stimmen gelegen. Dinge wie die Frage, "wer oder wer nicht die Regierung führt", seien weniger wichtig, als das zu tun, "was richtig für das Land ist", sagte Berlusconi anschließend. Seine Entscheidung zum Rücktritt sei zum Wohle des Landes und solle die Finanzmärkte beruhigen.

Bis in die letzten Tage hinein hatte Silvio Berlusconi alle Rücktrittsforderungen zurückgewiesen und seit 2008 mehr als 50 Vertrauensabstimmungen überstanden. "Ich weiche nicht", zitierte ihn noch jüngst die Zeitung "Il Giornale", die dem Bruder des konservativen Politikers und Medien-Milliardärs gehört. Das Blatt verglich den Regierungschef mit Jesus und abtrünnige Abgeordnete seiner Mitte-rechts-Koalition mit Judas. "Ich will denen, die mich verraten, ins Gesicht schauen", sagte Berlusconi der Zeitung.

Die Euro-Finanzminister wollen verhindern, dass die Schuldenkrise in Italien eskaliert und das Land zum Fall für den Rettungsfonds EFSF wird. "Italien weiß selbst, dass man im Hinblick auf seine Größe nicht auf Hilfe von außen hoffen kann", sagte Österreichs Finanzministerin Maria Fekter. Finnlands Regierungschef Jyrki Katainen sagte, Italien sei zu groß, um von seinen EU-Partnern gerettet zu werden.

Die Regierung in Rom hatte auf Druck der Euro-Partner Reformen zugesagt, um das Wachstum auf Trab zu bringen, darunter eine Deregulierung am Dienstleistungsmarkt, eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur und die Lockerung des Kündigungsschutzes. Das Land wird wie die Sanierungsfälle Griechenland, Irland und Portugal von einer Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds überwacht. EU und EZB werden in den nächsten Tagen Experten nach Rom schicken, um die Reformpläne zu prüfen.