Beifall und Tadel für die Brüsseler Beschlüsse zur Euro-Rettung

Hamburg. Nach Europas Einigung in der Euro-Krise hat sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bemüht, daheim dem Eindruck entgegenzutreten, er sei gegenüber Bundeskanzlerin Angela Merkel eingeknickt und habe französische Interessen verraten. Sarkozy ging in die Offensive und stellte sich den Starjournalisten Yves Calvin und Jean-Pierre Pernaut in den Sendern France 2 und TV1 zur Beantwortung von Fragen zu Verfügung.

De facto war das Interview eine Ansprache an die Nation. Sarkozy lobte die Einigung von Brüssel, erklärte, wäre der Euro explodiert, wäre auch Europa in die Luft geflogen und sagte: "Wir sind im Aufbruch zu einer neuen Welt."

Wären Frankreich und Deutschland "nicht im Gleichschritt marschiert, hätten wir gar nichts bewirkt", betonte der Präsident und stellt das deutsche Steuer- und Wirtschaftsmodell als vorbildhaft auch für Frankreich hin. "Meine Arbeit basiert darauf, unser System an das deutsche anzupassen - denn das funktioniert", sagte Sarkozy.

Die innenpolitisch riskanten Äußerungen sechs Monate vor den Präsidentschaftswahlen, bei denen Sarkozy wieder antreten will, trugen dem konservativen Amtsinhaber prompt Kritik der linken Opposition ein. Der Kandidat der Linkspartei, Jean-Luc Melenchon, wetterte: "Ein Europa auf deutsche Art führt in die Katastrophe."

Die Zeitung "Le Figaro" pflichtete Sarkozy jedoch bei. "Diejenigen, die kritisieren, dass Paris sich angeblich Berlin unterordnet, haben nicht verstanden, wie tief wir in der Krise stecken." In dem Interview bekannte Nicolas Sarkozy ganz klar, die Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone sei "ein Fehler" gewesen. Dafür, dass Athen aufgrund von manipulierten Zahlen aufgenommen wurde, "zahlen wir nun die Konsequenzen", sagte der Präsident.

Ähnliche Lage in Griechenland: Premier Giorgos Papandreou lobte die Einigung und meinte, für Griechenland breche nun "ein neuer Tag an". Der linke Abgeordnete Dimitris Papadiemoulis sagte jedoch im Fernsehen, Griechenland werde in Zukunft von seinen Gläubigern regiert. Die Zeitung "Avriani" sprach von einer "dauerhaften Besatzung" des Landes durch EU und Internationalem Währungsfonds. Die linke "Eleftherotypia" machte dies dem "deutschen Panzer" zum Vorwurf.

Der britische Premierminister David Cameron, über den die "Financial Times Deutschland schrieb, er sei in Brüssel "einsam und verzweifelt gewesen" und spüre die schwindende Bedeutung seines Landes in Europa, beschwerte sich, der Finanzplatz London stehe "unter Dauerbeschuss" Brüsseler Bürokraten. London fürchtet nach dem Gipfel, von den Euro-Staaten in die zweite Klasse der EU abgedrängt zu werden. Cameron kündigte an, sich gegen eine noch stärkere Integration der 17 Euro-Länder zur Wehr zu setzen, und warb bei den zehn Nicht-Euro-Staaten der EU um Unterstützung. Sarkozy hatte Cameron in Brüssel angefahren, er habe "eine gute Gelegenheit verpasst, die Klappe zu halten".

US-Präsident Barack Obama begrüßte die Ergebnisse von Brüssel jedoch als "wichtige Grundlage zur Überwindung der Schuldenkrise. Wir freuen uns auf eine rasche Ausgestaltung und die baldige Umsetzung der Pläne". Wenn Europa schwach sei, wenn Europa "als unser größter Handelspartner nicht wächst, hat das einen Einfluss auf unsere Geschäfte und unsere Fähigkeit, hier in den Vereinigten Staaten Arbeitsplätze zu schaffen", erklärte Obama in Washington. Für die US-Administration ist Kanzlerin Merkel spätestens nach dem Brüsseler Gipfel zur dominanten Figur in Europa geworden.