Rücktrittsgerüchte in Rom. Auch die griechische Regierung kämpft um ihr Überleben

Rom/Athen. Kurz vor dem EU-Krisengipfel ringt Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Streit über Reformen in dem klammen Land um sein politisches Überleben. Nach Ansicht seines Koalitionspartners droht das Mitte-rechts-Bündnis in Rom zu zerbrechen. "Die Regierung ist in Gefahr", warnte Lega-Nord-Chef Umberto Bossi gestern. Die Regierungskrise kommt zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, da Berlusconi auf dem Gipfel heute mit neuen Reformzusagen das Vertrauen der Anleger in die Währungsunion stärken sollte.

Doch ein Streit um ein höheres Renteneintrittsalter droht die Koalition in Rom zu spalten. Die Lage sei schwierig und sehr gefährlich, so Bossi: "Dies ist ein dramatischer Augenblick." Der Regierungspartner Berlusconis lehnte zugleich die Idee einer von Technokraten gebildeten Übergangsregierung ab und brachte Neuwahlen ins Gespräch. Italiens hoher Schuldenstand von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gilt als Achillesferse der Euro-Zone. Skeptiker befürchten, dass das Land den gesamten Währungsraum in Gefahr bringen könnte, sollte die Regierung das Vertrauen der Finanzmärkte nicht zurückgewinnen.

Die Regierung in Griechenland will die Entscheidung über weitere harte Sparmaßnahmen auf ein breiteres Fundament stellen. Finanzminister Evangelos Venizelos wolle das neue Rettungspaket für sein Land von einer Dreifünftelmehrheit statt der eigentlich erforderlichen einfachen Mehrheit im Parlament in Athen billigen lassen, heißt es in einer Erklärung. Um die dafür notwendigen 180 der 300 Stimmen im Parlament zu erreichen, braucht die Regierung auch die Zustimmung von Abgeordneten aus der Opposition.

Eigentlich sind zwar für die Zustimmung zum neuen Rettungsschirm und dem neuen Bündel von harten Sparmaßnahmen nur 151 Stimmen notwendig. Die regierenden Sozialisten haben 153 Mitglieder im Parlament. Doch Entscheidungen von solcher Tragweite könnten nicht nur von einer Partei getroffen werden, heißt es in der Erklärung des Finanzministers. Die mit 85 Sitzen größte Oppositionspartei im griechischen Parlament, die bürgerliche Nea Dimokratia (ND), lehnt eine Zustimmung allerdings bislang ab. Deren Präsident Antonis Samaras hatte die Regierung davor gewarnt, seine Partei praktisch vor das Dilemma Bankrott oder Billigung eines Sparprogramms zu stellen: Seine Partei werde dies nicht mitmachen, weil das Sparprogramm falsch sei und die griechische Wirtschaft abwürge. Damit werden vorgezogene Wahlen wahrscheinlicher.