Premier Netanjahu schreibt Brief an Angehörige von Terroropfern

Tel Aviv/Gaza. Fast fünfeinhalb Jahre nach seiner Entführung in den Gazastreifen soll der israelische Soldat Gilad Schalit heute in seine Heimat zurückkehren. Im Gegenzug will Israel in einem ersten Schritt 477 palästinensische Häftlinge freilassen. Weitere 550 Gefangene sollen binnen zwei Monaten auf freien Fuß gesetzt werden. Einige haben mehr als 30 Jahre in israelischen Gefängnissen verbracht.

Stimmen die Angaben der im Gazastreifen herrschenden Hamas-Organisation, dann ist die Übergabe Schalits um 11 Uhr geplant. Der heute 25-Jährige soll am Rafah-Übergang zwischen dem Gazastreifen und Ägypten von Vertretern des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sowie ägyptischen Geheimdienstmitarbeitern übergeben werden. Anschließend soll der junge Mann, der eine israelische Uniform tragen wird, in seine Heimat Israel gebracht werden. Israelische Medien berichteten, Schalit werde am nahe gelegenen Grenzübergang Kerem Schalom zunächst ärztlich untersucht. Er könne dann auch erstmals mit seiner Mutter telefonieren.

Das Oberste Gericht in Jerusalem beriet noch gestern über mehrere Klagen gegen den umstrittenen Gefangenenaustausch mit der radikalislamischen Hamas, die jedoch als chancenlos galten. Die Terroropfer-Organisation Almagor sowie weitere Kläger warnten, die Freilassung von mehr als 1000 palästinensischen Häftlingen für Schalits Freiheit sei unproportional und gefährde die Sicherheit israelischer Bürger, weil sie zu neuen Anschlägen oder Entführungen ermutigen könne.

"Das Wohl eines jeden Soldaten ist wie das Wohl des ganzen Staates Israel", sagte Staatspräsident Schimon Peres gestern. Er schrieb in einem Brief an Angehörige von Terroropfern, die Zustimmung zu dem umfassenden Häftlingsaustausch sei für ihn "eine der schwersten Entscheidungen meines Lebens" gewesen.

Der Häftlingsaustausch wird von einer großen Mehrheit der Israelis befürwortet. Dies geht aus einer Meinungsumfrage hervor, die die israelische Zeitung "Jediot Achronot" gestern veröffentlichte. 79 Prozent der Befragten sprachen sich den Angaben zufolge für den Tausch von insgesamt 1027 Palästinensern gegen Schalit aus. Schalit war am 25. Juni 2006 von einem Hamas-Kommando in den Gazastreifen verschleppt worden.