Sein Sohn Mutassim angeblich gefasst. Röslers Libyen-Visite beginnt mit Panne

Hamburg. Es sollte ein bedeutender Moment werden, wenn der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler auf libyschem Boden landet. Schließlich hat es um die deutsche Libyen-Politik in den vergangenen Monaten viel Aufregung gegeben. Nach der Landung muss Rösler für einen schrecklichen Moment gedacht haben, die libysche Regierung zeige ihm die kalte Schulter. Auf dem internationalen Flughafen in Tripolis herrschte nämlich gähnende Leere - keine Empfangsdelegation in Sicht. Die stand derweil auf einem anderen Flugplatz der Hauptstadt und wunderte sich ebenfalls. Die Bundeswehrmaschine mit dem deutschen Minister hatte den falschen Airport angeflogen.

In den zwei Tagen seiner Visite will Rösler, angereist mit großer Wirtschaftsdelegation, Boden in dem an Öl und Gas reichen Land gutmachen. Durch die - wohlbegründete - Weigerung der Bundesregierung, die Rebellen militärisch zu unterstützen, ist Deutschland ins Hintertreffen geraten.

Und noch immer ist der Krieg in Libyen keineswegs vorbei. Allerdings scheint der Widerstand der Regimetruppen in der Stadt Sirte, Heimat des untergetauchten Ex-Machthabers Muammar al-Gaddafi, zusammenzubrechen. Wie die Londoner BBC meldete, seien nun 80 Prozent des Stadtgebiets in Rebellenhand, die wichtigsten strategischen Positionen sind erobert.

Jubel bei den Aufständischen lösten zunächst unbestätigte Meldungen aus, Gaddafi-Sohn Mutassim Billah al-Gaddafi sei auf der Flucht aus Sirte in einem Geländewagen gefasst worden. Die 360 Kilometer von der Hauptstadt Tripolis entfernt gelegene Hafenstadt Sirte und die Wüstenstadt Bani Walid zählen zu den letzten Bastionen des gestürzten Diktators. Der 1977 geborene Mutassim war zuletzt Nationaler Sicherheitsberater und Kommandeur der Präsidentengarde. Er hatte nach seinem Bruder Saif-al Islam als stärkster Anwärter auf eine Nachfolge seines Vaters gegolten. Mehrere Mitglieder des weit verzweigten Gaddafi-Clans haben sich ins Ausland abgesetzt. Muammar al-Gaddafi selber wird allerdings noch immer irgendwo in Sirte vermutet.

Während Amnesty International den Rebellen vorwarf, gefangene Regime-Soldaten zu foltern, berichtete der US-Fernsehsender CNN über ein Zerwürfnis zwischen den Führern der Aufständischen. So sagte Abdul Naker, einer der Feldkommandeure, er und seine Leute hätten viel länger und härter in der Revolte gekämpft als Abdul Hakim Belhadj, der inzwischen als Militärkommandeur von Tripolis fungiert und damit de facto den Oberbefehl über die Aufständischen beansprucht.

"Wer ist denn schon Belhadj?", fragte Naker spöttisch, "Wir sind die Führer, wir sind die Revolutionäre - und wir kennen ihn nicht." Naker wiederholte Gerüchte, nach denen der früher als militanter Islamistenführer berüchtigte Belhadj im Sold und im Dienst des Golf-Emirats Katar steht.