Erstmals in der Nachwendezeit bestätigen die Wähler einen polnischen Premier im Amt

Warschau. Donald Tusk, Polens Ministerpräsident, fand Freude daran, Prinzipientreue zu demonstrieren. Als sich nach Schließung der Wahllokale am Sonntagabend ein klarer Sieg seiner liberalen Bürgerplattform abzeichnete, sagte er nach den üblichen Freuden- und Dankesbekundungen: "Ich halte an der wichtigsten Weltanschauung fest: Liebe ist wichtiger als Macht. Und ich werde weiter fest daran glauben." Dann dankte der 54 Jahre alte Politiker seiner Frau Malgorzata für 35 gemeinsame Jahre, vor allem für die schwierigen letzten vier. Zu diesen werden offenbar vier weitere kommen: Tusk hatte vor der Wahl gesagt, er wolle eine zweite Legislaturperiode regieren und dann Schluss machen.

Schon jetzt ist er in Polens mit der Wende 1989 begründeten Dritten Republik Rekordhalter: Nur einmal war es einem Regierungschef vor ihm gelungen, vier Jahre durchzuhalten, und noch nie hatte es einer geschafft, auch noch wiedergewählt zu werden. Donald Tusk, studierter Historiker, Solidarnosc-Anhänger aus einer Danziger kaschubischen Familie, schon früh bekennender Liberaler, hat noch einen zweiten Grund, stolz zu sein: Voriges Jahr hatte er es demonstrativ abgelehnt, zu den Präsidentenwahlen anzutreten, und das seinem Parteifreund Bronislaw Komorowski überlassen. Er selbst wolle nicht im Palast unter dem "Kronleuchter" sitzen, sagte er damals, sondern weiter Regierungsverantwortung übernehmen. Jetzt wurde er vom Wähler belohnt: Seine Bürgerplattform errang 39,2 Prozent. Zwei Punkte weniger als vor vier Jahren, aber dennoch ein klarer Sieg.

Das Ergebnis der Wahl ist für Tusk "ein Erfolg des optimistischen Polens, das an die eigenen Kräfte glaubt, eines Landes, das allen Schwierigkeiten zum Trotz voranschreiten will". Jetzt wolle man "doppelt so hart, doppelt so schnell arbeiten". Damit spielte er offenbar auf bisher verschobene Reformen und einen gesünderen Haushalt an. Außenminister Radoslaw Sikorski wertete die Wahl als Bestätigung für "unser Konzept der europäischen Zusammenarbeit und der Modernisierung Polens". In den letzten Jahren, nach der Abwahl von Jaroslaw Kaczynski, hatte sich die Zusammenarbeit mit vielen europäischen Partnern, auch gerade mit Deutschland, spürbar verbessert.

Auch der Koalitionspartner der Liberalen, die traditionsreiche Bauernpartei PSL, konnte sich mit 8,4 Prozent behaupten. Beide Parteien hatten angekündigt, die Koalition, falls möglich, fortzusetzen. Allerdings dürften sie diesmal nur eine knappe Mehrheit von sechs oder acht Mandaten im Sejm (Abgeordnetenhaus) haben.

Die national-konservative Oppositionspartei von Jaroslaw Kaczynski, Recht und Gerechtigkeit (PiS), erreichte 29,9 Prozent und verlor damit wie die Bürgerplattform gut zwei Punkte. Ein Überraschungserfolg gelang mit zehn Prozent der neuen Protestpartei des Polit-Rebellen und früheren Unternehmers Janusz Palikot. Seine antiklerikale und ultraliberale Gruppierung hatte zwar kaum bekannte Personen aufstellen können, doch da sie sich den Namen Palikot-Bewegung gegeben hatte, stand der Name des Gründers überall auf dem Wahlzettel. Der große Verlierer ist die aus kommunistischer Wurzel kommende, doch erheblich verjüngte Allianz der Demokratischen Linken (SLD). Ihr junger Chef Grzegorz Napieralski hatte bei den letzten Parlaments- und Präsidentenwahlen jeweils mehr als 13 Prozent erreicht. Jetzt stürzte die Partei auf 8,3 Prozent ab. Napieralski kündigte an, nicht wieder für den Parteivorsitz zu kandidieren.