Innenministerium genehmigt Errichtung von 1100 Wohnungen im annektierten Ostjerusalem. USA äußern sich “tief enttäuscht“

Hamburg. Die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, den stagnierenden Nahost-Friedensprozess trotz der Spannungen, die der palästinensische Antrag auf Vollmitgliedschaft in der Uno verursacht hat, wiederzubeleben, haben einen schweren Dämpfer erhalten.

Das israelische Innenministerium genehmigte den Bau von weiteren 1100 Wohnungen in Ostjerusalem. Dieser arabisch geprägte Teil der Stadt war im Sechstagekrieg 1967 von Israel erobert und später annektiert worden. Die Palästinenser beanspruchen Ostjerusalem jedoch als Hauptstadt ihres künftigen Staates - während die Regierung in Jerusalem von einer "ewigen und unteilbaren Hauptstadt" Israels spricht.

Seitdem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im Uno-Sicherheitsrat gegen Israels Willen einseitig den Antrag auf Vollmitgliedschaft eines Palästinenserstaates gestellt hat, ist die Atmosphäre in Nahost gefährlich aufgeladen. Das Nahost-Quartett aus EU, Uno, Russland und den USA hat einen ehrgeizigen Fahrplan für die Wiederaufnahme der Verhandlungen unterbreitet und an beide Seiten appelliert, alles zu vermeiden, was von der Gegenseite als Provokation aufgefasst werden könnte. Israels Genehmigung für die neuen Wohnungen in der jüdischen Siedlung Gilo "sendet das falsche Signal zur falschen Zeit", wie der Uno-Sonderkoordinator für Nahost, Robert Serry, klagte.

Ungewöhnlich deutlich reagierte auch die US-Regierung in Washington. Sowohl die Sprecherin von Außenministerin Hillary Clinton, Victoria Nuland, als auch der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney, äußerten sich "zutiefst enttäuscht" über Israels Schritt. Im diplomatischen Sprachgebrauch ist dies bereits eine überaus deutliche Formulierung des Unmuts. Es ist ein offenes Geheimnis, dass US-Präsident Barack Obama ein sehr schlechtes Verhältnis zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat.

"Wir haben stets die Auffassung vertreten, dass jede Seite Schritte unternehmen sollte, die sie direkten Verhandlungen über die Fragen näherbringen, die einem palästinensischen Staat und einem sicheren jüdischen Staat im Wege stehen", sagte Carney. "Wenn eine Partei einseitige Maßnahmen ergreift, dann lässt sich das schwerer erreichen."

Hillary Clinton sagte sichtlich frustriert: "Wir waren an dieser Stelle schon öfter in den vergangenen Jahren."

Auch EU-Chefdiplomatin Catherine Ashton äußerte tiefes Bedauern und forderte Israel auf, den Plan noch einmal zu überdenken. "Die Siedlungsaktivitäten gefährden eine Zweistaaten-Lösung und stehen im Widerspruch zum israelischen Bekenntnis, die Verhandlungen wiederaufnehmen zu wollen", sagte Ashton. Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte in Berlin, die Ankündigungen Israels stünden "nicht im Einklang mit dem Geist der Erklärung des Nahost-Quartetts".

Am heftigsten reagierte natürlich der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat. Er sprach von einer "Ohrfeige" Israels für die internationalen Friedensbemühungen und fügte hinzu, Israel habe auf den Vorschlag des Quartetts "mit 1100 Neins reagiert".

Die Regierung Netanjahu isoliert sich mit ihrem harten Kurs immer weiter und verprellt ihre engsten Verbündeten. Indessen sagten Uno-Experten gestern vor dem Menschenrechtsrat in Genf, dass Israel seit Jahresbeginn verstärkt palästinensische Häuser im Westjordanland und in Ostjerusalem abreiße. Dies sei eine "nicht hinnehmbare Menschenrechtsverletzung". Nach Angaben der Fachleute seien in den genannten Gebieten mindestens 387 Gebäude, darunter 140 reine Wohnhäuser, abgerissen und insgesamt 755 palästinensische Bewohner vertrieben worden. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte, dass diese Vertreibungen von Palästinensern gemäß Artikel 49 der Genfer Konvention völkerrechtswidrig seien - ebenso wie die Annexion von Ostjerusalem und der Bau der jüdischen Siedlungen.

In einem Interview mit der "Jerusalem Post" schloss Netanjahu jedoch ein Einfrieren des Siedlungsbaus aus. Diese Siedlungen sind für die Palästinenser das Haupthindernis für eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen. Israel fordert dagegen zunächst eine Anerkennung des jüdischen Staates durch die Palästinenser und eine Einstellung der Raketenangriffe aus dem Gazastreifen durch die dort herrschende radikalislamische Hamas. Sie lehnt jegliche Verhandlungen ab und strebt die Vernichtung Israels an.