Bei einem Unfall in französischem Verbrennungsofen für Strahlenmüll soll keine Radioaktivität ausgetreten sein, versichert die Regierung in Paris

Paris/Tokio. Bei der Explosion eines Verbrennungsofens für Atommüll in Südfrankreich ist gestern ein Mensch ums Leben gekommen. Vier weitere seien verletzt worden, berichtete die Atomaufsicht ASN. Bei dem Unfall in der Nähe der Atomanlage Marcoule etwa 30 Kilometer nördlich von Avignon sei keine Radioaktivität ausgetreten, betonte eine Sprecherin des Kommissariats für Atomenergie CEA.

"Der interne Notfallplan ist in Kraft getreten, alles ist unter Kontrolle", sagte sie. Das Gebäude, in dem sich der Ofen befinde, sei intakt. Auch die Lüftung funktioniere weiterhin. Ursache und Sicherheitsstufe des Unfalls waren zunächst nicht bekannt.

Auch das französische Innenministerium bekräftigte, dass keine Radioaktivität freigesetzt worden sei. Die Opfer seien durch die Explosion verletzt und nicht verstrahlt worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Es habe keine Evakuierung gegeben.

Die Explosion ereignete sich nach Behördenangaben in einem Verbrennungsofen für schwach radioaktive Abfälle. Er befindet sich in der Gemeinde Codolet nahe der Atomanlage Marcoule und wird von dort aus verwaltet. Zu solchen Abfällen zählen unter anderem Kleidung von Arbeitern sowie Metalle und Beton. Die Anlage wird von einer Tochter des französischen Energiekonzerns EDF betrieben. Die EDF-Aktie stürzte nach dem Unfall um mehr als sieben Prozent ab.

Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet eilte am Nachmittag zum Unfallort. Die Grünen forderten die Regierung zu Transparenz auf. "Die Anwohner und alle Franzosen müssen ohne Verzögerung über die Entwicklungen informiert werden", betonte Parteichefin Cécile Duflot. Nach der Katastrophe in Fukushima habe die Regierung sich zu größtmöglicher Transparenz verpflichtet. Nun sei die Gelegenheit, dies unter Beweis zu stellen. Die in Wien ansässige Internationale Atomenergiebehörde IAEA nahm wegen des Unfalls Kontakt zu den französischen Behörden auf. Das IAEA-Zentrum für nukleare Notfälle sei sofort aktiviert worden, erklärte IAEA-Chef Yukiya Amano.

Die Nuklearanlage Marcoule nahe Avignon in der südfranzösischen Region Languedoc-Roussillon besteht aus mehreren stillgelegten kleineren Reaktoren. Auf dem Gelände im Rhonetal ging bereits 1956 der Reaktorblock G-1 in Betrieb und lieferte als eines der weltweit ersten AKW kommerziell genutzten Atomstrom. Die vom Commissariat à l'Énergie Atomique (CEA) betriebenen Meiler G-2 und G-3 mit einer Bruttoleistung von jeweils 43 Megawatt folgten 1959 und 1960. Sie wurden 1980 beziehungsweise 1984 wieder vom Netz genommen. Auf dem Gelände Marcoule ging 1973 auch der Forschungsreaktor Phénix in Betrieb. Der lediglich zu Testzwecken genutzte Prototyp des pannenanfälligen schnellen Brüters Superphénix, den man 1998 endgültig abschaltete, wurde nach mehreren kleineren Zwischenfällen 2010 außer Betrieb genommen.

In Tokio ist indessen Yukio Edano, der als Regierungssprecher nach der Fukushima-Katastrophe für viele Menschen das Gesicht Japans war, zum neuen Wirtschaftsminister des Landes ernannt worden. Wie die Regierung in Tokio mitteilte, ersetzt er Yoshio Hachiro, der am Wochenende wegen einer verbalen Entgleisung über die Atomkatastrophe von Fukushima nach nur acht Tagen im Amt zurücktreten musste. Er soll das Gebiet um Fukushima eine "Totenstadt" genannt haben.

Der 47-jährige Edano wurde nach dem Erdbeben und dem Tsunami vor einem halben Jahr rund um den Globus bekannt, weil ihm die Aufgabe zufiel, die Weltöffentlichkeit über die Folgen der Katastrophe zu informieren.

Mit gesenktem Blick und einem von Schlafmangel gezeichneten Gesicht berichtete er in einem blauen Schutzanzug zeitweise fast im Halbstundentakt über die eskalierende Situation im Kernkraftwerk Fukushima. Nun wird er unter anderem für die umstrittene Wiederinbetriebnahme der Atommeiler zuständig sein, die Japan nach dem Unglück vom Netz genommen hatte. Edano hat Jura studiert und ist Gründungsmitglied der regierenden Demokratischen Partei (DPJ). Im Januar war er zum Chef des Kabinettssekretariats und damit zum Regierungssprecher ernannt worden.