Die Nationalbank hat die eigene Währung an den Euro gekoppelt, um die Wirtschaft zu schützen

Hamburg. Mit einem Paukenschlag hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) dem Höhenflug des Franken ein jähes Ende bereitet. Man wolle einen Wechselkurs von unter 1,20 Franken je Euro künftig nicht mehr tolerieren, erklärte die SNB gestern. Damit legte sie faktisch einen Höchstkurs für den Franken von 0,833 Euro fest.

Zugleich kündigte die SNB an, die Zielmarke mit unbeschränkten Devisenkäufen konsequent durchzusetzen. Praktisch ohne Verzögerung sprang der Euro um rund neun Prozent nahezu exakt auf den angepeilten Kurs.

Mit ihrer Entscheidung gelang der Notenbank ein Überraschungscoup, auch wenn ihr Vizepräsident Thomas Jordan vor vier Wochen eine Kopplung des Franken an den Euro nicht ausgeschlossen hatte. "Ich habe aber nicht damit gerechnet, dass die SNB Ernst macht", sagte Haspa-Chefvolkswirt Jochen Intelmann dem Abendblatt.

Die Schweizer Zentralbank sah sich zu dem drastischen Schritt gezwungen, weil die Flucht von Großanlegern in den vermeintlich sicheren Franken angesichts der Euro-Schuldenkrise die heimische Währung in den vergangenen Monaten kräftig hochgetrieben hatte. So schätzen die Experten der Commerzbank, dass der Euro gegenüber dem Franken ohne die Schuldenkrise um 30 Rappen höher notieren würde. Damit wurde die Stärke des Franken eine immer größere Gefahr für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Industrie. "Auch die Schweiz ist eine Exportnation mit bedeutenden Unternehmen zum Beispiel in den Branchen Pharma und Maschinenbau", erklärte Intelmann. "Die Wirtschaft drohte in die Rezession abzurutschen, wenn sich die Währung noch weiter verteuert hätte." Als Reaktion auf die SNB-Ankündigung schoss der Schweizer Aktienindex SMI zeitweise um bis zu 4,8 Prozent in die Höhe.

Ihr Wechselkursziel setzt die Notenbank durch, indem sie Wertpapiere, vor allem Staatsanleihen, in Euro gegen Franken am Markt aufkauft und somit die Menge der im Umlauf befindlichen Franken erhöht. Dies kann die Nationalbank theoretisch unbegrenzt tun, da sie beliebig neue Franken "drucken" kann. "Da die Taschen der SNB unendlich tief sind, dürfte es gelingen, den Kurs über 1,20 zu stabilisieren", meint denn auch die Commerzbank-Analystin Ulrike Rondorf.

Allerdings ist diese Strategie nicht ohne Risiko: "Wenn die Schweizer Notenbank ihre Aktion über einen längeren Zeitraum ausdehnen muss und die Franken-Geldmenge darum immer weiter zunimmt, kann das zu einer Blase am dortigen Immobilienmarkt führen", sagte Intelmann.

Spitzenvertreter des Euro-Raumes wollten die Züricher Entscheidung, die offenbar nicht mit anderen Zentralbanken abgestimmt war, gestern nicht näher kommentieren. Nach Auffassung von Holger Schmieding, Chefvolkswirt des Hamburger Privatbankhauses Berenberg, könnten die Schweizer mit ihrem außergewöhnlichen Schritt jedoch zum Vorbild werden: "Die SNB, die wir für die wahrscheinlich am besten geführte Notenbank in der westlichen Welt halten, hat vielleicht ein Trend zu weiteren unkonventionellen Antworten auf die Turbulenzen am Finanzmarkt gesetzt."