Rom/Madrid. Der deutsche EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat das Management der italienischen Regierung in der Schuldenkrise mit scharfen Worten attackiert. "Italien wird miserabel regiert", sagte der deutsche EU-Kommissar gestern Abend bei einem Treffen der deutschen Wirtschaftsverbände in Berlin. Die Regierung von Silvio Berlusconi habe "unverantwortlich gehandelt", als sie erst ein großes Sparpaket geschnürt, es aber nach heftigen Protesten teilweise wieder aufgemacht habe. Die Europäische Zentralbank (EZB), die italienische Staatsanleihen zur Stützung der Marktzinsen gekauft hatte, sei "hereingelegt worden", kritisierte Oettinger.

In Italien gingen gestern Zehntausende Menschen gegen die von der Regierung geplanten Sparmaßnahmen auf die Straße. Die größte Gewerkschaft CGIL hatte zu einem achtstündigen "Generalstreik" aufgerufen. Chaos im Bus- und Bahnverkehr war vielerorts die Folge. "Unser Motto ist einfach: Mögen die mehr zahlen, die mehr haben und noch nie gezahlt haben", erklärte die Chefin der CGIL, Susanna Camusso. Das Sparpaket sei ungerecht. Demonstranten machten ein großes Spruchband am Kolosseum, dem Wahrzeichen Roms, fest: "Die Reichen werden beschützt, und Italien wird verramscht."

Der Streik richtete sich gegen das zweite milliardenschwere Sparpaket der Regierung Berlusconi. Um das Land aus dem Schuldensumpf zu ziehen und unter dem Druck der Märkte hatte das Mitte-rechts-Kabinett - nach den ersten im Juli verabschiedeten Einsparungen über 48 Milliarden Euro - Mitte August das zweite Paket über 45 Milliarden Euro auf den Weg gebracht. Dieses war vor einer Woche aber aufgeweicht worden, wobei eine geplante Zusatzsteuer für Besserverdienende wegfiel.

Auch in Spanien, das wie Italien gegen den Sog der europäischen Schuldenkrise kämpft, waren gestern landesweite Proteste geplant. Die großen Gewerkschaftsverbände wollten damit gegen den Einbau einer Schuldenbremse in die Verfassung angehen.