Internationale Gemeinschaft trifft sich in Paris. Erstes Geld von Konten aus Deutschland

Tripolis/Paris. Nach dem Sturz von Muammar al-Gaddafi greift die internationale Staatengemeinschaft den neuen Machthabern in Libyen beim Wiederaufbau rasch unter die Arme. Bei der Libyen-Konferenz, zu der sich gestern in Paris Vertreter aus rund 60 Staaten trafen, sagte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy zu den weltweit eingefrorenen Konten des alten Regimes, die internationale Gemeinschaft sei entschlossen, "den Libyern das Geld von gestern für den Bau der Zukunft" zur Verfügung zu stellen.

Deutschland stellt Libyen sofort eine Milliarde Euro aus bislang eingefrorenen Geldern zur Verfügung. Die Vereinten Nationen hätten die Gelder freigegeben, sagte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Abend in Paris. Zudem forderte sie die Aufhebung der Uno-Sanktionen, die gegen das Gaddafi-Regime verhängt wurden. 28 Unternehmen, Banken oder Behörden wurden bereits von der Strafliste genommen. Es reiche nicht, ein Regime zu stürzen, sagte die Kanzlerin. "Es muss jetzt ein freiheitlich demokratisches Land entstehen."

Der Gaddafi-Clan besaß bis zum Bürgerkrieg ein riesiges Vermögen im Ausland. Allein in Deutschland wurden nach der Verhängung der Uno-Sanktionen rund 7,3 Milliarden Euro eingefroren. Die Kanzlerin bot Libyen zudem Unterstützung beim Aufbau der Polizei und der neuen politischen Strukturen an. So könne die Bundesrepublik bei der Erarbeitung einer Verfassung helfen. "Ich habe angeboten, dass wir mit unserer Erfahrung einer deutschen Diktatur auch helfen können, Vergangenheit friedlich aufzuarbeiten", sagte Merkel.

Der von fast 80 Ländern anerkannte Übergangsrat fordert vor allem, dass alle eingefrorenen libyschen Auslandsguthaben so schnell wie möglich freigegeben werden. Derzeit versuchen die Rebellen, die Geburtsstadt Gaddafis ohne Blutvergießen unter Kontrolle zu bringen. Ein Ultimatum, wonach sich die letzten Gaddafi-Getreuen in der 75 000 Einwohner zählenden Stadt Sirte bis Sonnabend ergeben sollen, wurde um eine Woche verlängert. Gaddafi dagegen rief seine Anhänger zu einem langen Kampf auf. "Die Nato will Libyen besetzen und sein Öl stehlen. Wir werden sie überall bekämpfen", sagte er. "Die Besatzung wird nicht in der Lage sein, einen langen Krieg zu führen."