Selbstmordattentäter könnte US-Hubschrauber zum Absturz gebracht haben. Bericht enthüllt Details zur Tötung Bin Ladens

Kabul/Hamburg. Nach dem Absturz eines amerikanischen Transporthubschraubers vom Typ Chinook in Afghanistan gibt es Spekulationen um einen Racheakt der radikalislamischen Taliban. So berichteten Vertreter westlicher Geheimdienste in Kabul, "dass man Hinweisen nachgeht, wonach sich unter den afghanischen Soldaten an Bord ein Selbstmordattentäter befunden haben könnte". Er habe möglicherweise mit einer eingeschmuggelten Bombe den Hubschrauber zum Absturz gebracht.

Alle 31 amerikanischen und sieben afghanische Soldaten kamen dabei in der Nacht zum Sonnabend ums Leben. Die Taliban hatten behauptet, sie hätten den Hubschrauber bei dem Gefecht in der Region Wardak südwestlich von Kabul abgeschossen. CIA-Kreise wiesen aber darauf hin, dass die Taliban auf Befehl ihres Anführers Mullah Omar dazu übergehen, Attentäter in Uniformen der afghanischen Armee in die Isaf-Truppen einzuschleusen.

Die afghanischen Soldaten waren in Begleitung der amerikanischen Spezialtruppe Navy Seals, deren Angehörige am 2. Mai Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden in seinem pakistanischen Versteck getötet hatten. Auch deshalb drängt sich der Verdacht auf, dass die Taliban gezielt an Soldaten des US-Spezialkommandos Rache üben könnten.

Über die Aktion gegen Bin Laden sind neue Details aufgetaucht, die viele Berichte zum Einsatz der Spezialtruppen im pakistanischen Abbottabad sowie zum Umgang der US-Regierung mit dem Topterroristen in ein anderes Licht rücken. Nach einem mehrseitigen Bericht der Zeitschrift "New Yorker", der bislang unwidersprochen blieb, hatten die USA überhaupt nicht vor, Bin Laden gefangen zu nehmen. "Niemand wollte Gefangene machen", sagte ein namentlich nicht genannter Beteiligter der Operation dem angesehenen Magazin. Der unbewaffnete Bin Laden sei erst in die Brust, dann in den Kopf geschossen worden.

Allerdings habe ein zweiter Soldat im selben Zimmer zwei Frauen Bin Ladens festgehalten. Die US-Einheit fürchtete, die Frauen würden Sprengstoffgürtel tragen und sie zünden. Der Funkspruch, den der Todesschütze direkt nach der Erschießung Bin Ladens absetzte, sei gewesen: "Für Gott und Vaterland. Geronimo, Geronimo, Geronimo". Kurz darauf sagte er den Code "Geronimo EKIA". Der Name des Indianerhäuptlings Geronimo war für Bin Laden gewählt worden. Er sollte genannt werden, wenn die Amerikaner den Al-Qaida-Chef nach gut neunjähriger Suche erblicken. "EKIA" steht für "enemy killed in action" - Feind im Kampf getötet.

Die Crew, die insgesamt 38 Minuten für den Einsatz im Haus benötigte und einen defekten Hubschrauber in Pakistan lassen musste, hatte neben den Soldaten einen Übersetzer an Bord sowie einen belgischen Schäferhund namens Cairo. Der Hund sollte Verstecke von weiteren Personen im Haus finden. Der Übersetzer hat offenbar auf Paschtu Nachbarn beruhigt, die zur Mauer des Anwesens kamen und sich über den Lärm wunderten.

In Washington hat Präsident Barack Obama mit seinen engsten Beratern das Geschehen verfolgt, die Aktion selbst aber nicht live sehen können. Die Soldaten sollen keine Helmkameras getragen haben. Obama hatte sich wenige Tage Bedenkzeit genommen, ehe er den Einsatz in Pakistan gegen Bin Laden anordnete. Am Morgen noch hatte er neun Löcher Golf gespielt, heißt es im "New Yorker". Die Tötung Bin Ladens räumte den letzten Zweifel an Obamas Entschlossenheit aus, mit allen Mitteln gegen al-Qaida vorzugehen. Dabei hatte er bereits als Kandidat im Wahlkampf 2008 gesagt: "Wenn wir ihn im Blickfeld haben und die Pakistanis unfähig oder nicht willens sind, ihn festzusetzen, werden wir handeln. Wir werden Bin Laden töten."