Die Menschen in Norwegen nehmen Abschied von den Getöteten des Attentats vor einer Woche

Hamburg. Es ist wieder der Auftritt des Jens Stoltenberg. Er hält die rote Rose fest in seiner Hand und reckt den Arm hoch in die Luft des Osloer Volkshauses. Gemeinsam mit Norwegens Ministerpräsident strecken auch Eskil Pedersen, der Chef der Arbeiterjugend, und die anderen Teilnehmer der Trauerfeier eine Hand mit einer Rose aus. "Heute ist es eine Woche her, dass Norwegen vom Bösen getroffen wurde", sagt Stoltenberg über das Attentat im Zentrum von Oslo und dem Mord an 69 jungen Menschen auf der Insel Utøya. "Wir müssen mit dem 22. Juli leben, doch zusammen werden wir es schaffen", sagte Stoltenberg. Die Rose - es ist das Symbol seiner regierenden Arbeiterpartei. Es ist Norwegens friedliche Antwort auf den Terror.

Nicht nur im Volkshaus trauerten die Menschen um die Toten, deren Zahl die Polizei am Freitag auf endgültig 77 korrigierte. Auch außerhalb der Hauptstadt fanden Trauerfeiern für einige der Getöteten statt. In einer Moschee im Einwandererviertel von Oslo gedachten die Menschen der Opfer. Der geständige Attentäter Anders Behring Breivik vertritt vor allem islamfeindliche Ansichten. Er wurde am Freitag erneut von der Polizei vernommen. Der Vater des 32-Jährigen hält seinen Sohn für einen "Terroristen" und will keinen Kontakt mehr mit ihm haben. Der in Südfrankreich lebende 76 Jahre alte Ex-Diplomat sagte einer französischen Zeitung: "Berichten Sie, dass ich mit diesem Terroristen nichts mehr zu tun haben will."

Das Attentat hat in Deutschland eine Debatte über den Kampf gegen Rechtsextremismus ausgelöst. Der Bundesnachrichtendienst (BND) hat derzeit keine Hinweise darauf, dass sich in Europa ein internationales Netzwerk von Rechtsextremisten entwickelt. "Rechtsextremismus ist national geprägt. Wir haben keine Erkenntnisse darüber, dass sich eine grenzüberschreitende militante Bewegung oder sogar ein internationaler Rechtsterrorismus entwickelt", sagte BND-Präsident Ernst Uhrlau der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel ist dem Eindruck entgegengetreten, er habe einen Zusammenhang zwischen den Attentaten von Oslo und der Diskussion über islamkritische Äußerungen des früheren Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin hergestellt. Diesen Zusammenhang gebe es "natürlich nicht", sagte Gabriel. "Keine der zuletzt bei uns oder anderswo geführten Debatten kann ein Vorwand sein für Gewalttaten, wie wir sie in Norwegen erleben mussten." Allerdings seien Politiker auch für das politische Klima in ihrem Land verantwortlich. Wissenschaftler bekräftigten, dass Sarrazin und andere Islamkritiker ein ideologisches Klima vorbereitet hätten, in dem Taten von Extremisten wie Breivik möglich geworden seien.