Die Regierung bekommt die Staatsverschuldung nicht in den Griff

Rom. Die Kommentare der großen italienischen Zeitungen lesen sich dieser Tage wie ein Chor: Nachdem sie wegen der massiven Kurseinbrüche an der Mailänder Börse in der vergangenen Woche noch an eine Weltverschwörung gegen Italien geglaubt hatten, begann diese Woche mit Vernunftappellen: "Haushaltdisziplin und Wachstum - zwei untrennbare Notwendigkeiten", schreibt die Mailänder Wirtschaftszeitung "Il Sole - 24 ore". Der "Corriere della Sera" verspricht "keine Polemiken mehr" und "La Repubblica" kommentiert: "Wir müssen vermeiden, dass das politische Scheitern einer Regierung, die inzwischen nicht mehr vorzeigbar ist, sich in den Bankrott eines ganzen Landes verwandelt."

Berlusconi selbst hat sich einen Maulkorb verordnet, um die internationalen Finanzmärkte nicht weiterhin negativ zu beeinflussen. Von seinem Sprecher Paolo Bonaiuti ließ er verkünden: "Trotz des höchsten Schuldenstandes aller EU-Länder sind die italienische Wirtschaft sowie die Banken grundsolide!" Auch der Spielverderber, die Rating-Agentur Standard & Poor's, hat dem Land ein "A+"-Rating bezüglich der Bonität verliehen. Doch der Stachel der Negativbeurteilung des Wirtschaftswachstums sitzt tief.

Die Hoffnung ruht daher auf dem 40-Milliarden.-Euro-Haushaltsentwurf des Finanzministers Giulio Tremonti, der zum geplanten Ausgleich des Staatshaushalts bis 2014 beitragen soll. Das Kabinett hat diesen bereits abgesegnet, jetzt muss das Sparpaket bis zum 5. August noch beide Kammern des Parlaments passieren.

Es fällt schwer zu glauben, dass die siebtstärkste Wirtschaftsnation der Welt ebenfalls unter den EU-Rettungsschirm schlüpfen könnte. Die Industrie, der Tourismus und die Landwirtschaft sind drei verlässliche Standbeine der italienischen Wirtschaft. Doch ein großes Problem Italiens ist das starke Gefälle des Nordens zum Süden, wo fast dreimal mehr Arbeitslose registriert sind. Dann ist da die organisierte Kriminalität. Sie ist verantwortlich für die "Schattenwirtschaft". Außerdem war die italienische Wirtschaft traditionell staatlich gelenkt und wurde erst spät privatisiert, um den Wettbewerb zu stärken. Die Steuerquote ist in Italien mit über 43 Prozent ebenfalls sehr hoch. Die Einkommenssteuer beträgt bis zu 43 Prozent, die Körperschaftssteuer 27,5 Prozent, die Umsatzsteuer 20 Prozent. Ein weiteres Wirtschaftshemmnis war der Euro: Mit der Umstellung von der schwachen Lire auf den starken Euro hatten viele italienische Unternehmen größere Probleme als alle anderen im übrigen Europa.