Murdochs Fernsehpläne drohen am Widerstand der Liberaldemokraten zu scheitern

London. Der Abhörskandal um die eingestellte Zeitung "News of the World" könnte zur Gefahr für die britische Regierungskoalition werden. Der kleinere Koalitionspartner der konservativen Tories, die Liberaldemokraten, könnte sich in Fragen zu dem Skandal auf die Seite der oppositionellen Labour-Partei schlagen. Dabei geht es vor allem um die Übernahme des Bezahlsenders BSkyB durch den Medienunternehmer Rupert Murdoch. Zum Murdoch-Imperium gehört auch der Verlag News International, in dem die "News of the World" erschienen war.

Die sozialdemokratische Labour-Partei argumentiert, über die milliardenschwere Übernahme dürfe erst entschieden werden, wenn die polizeilichen Ermittlungen im Skandal um Tausende abgehörte Handys bei "News of the World" abgeschlossen seien. Labour-Chef Ed Miliband hatte angekündigt, morgen eine Parlamentsabstimmung über die Zukunft von BSkyB zu erzwingen, sollte die Regierung von Premierminister David Cameron bis dahin nicht handeln. Die Liberaldemokraten hatten dem zugestimmt. Der konservative Kulturminister Jeremy Hunt kündigte an, er werde die zuständigen Aufsichtsbehörden erneut um Beratung bitten. Erst dann wolle er entscheiden, ob das Übernahmeangebot Murdochs in die Wettbewerbskommission eingebracht werde.

Murdoch versucht dieses Vorgehen zu unterlaufen und hat im Poker um die milliardenschwere BSkyB-Komplettübernahme eine weitere Karte gespielt. Um politische Einflussmaßnahmen zu verringern, zog er sein Angebot zurück, den Nachrichtensender Sky News aus dem Übernahmepaket herauszulösen. Damit musste Kulturminister Jeremy Hunt das Geschäft zur Prüfung an die britische Wettbewerbskommission geben. Eine Entscheidung auf politischer Ebene ist damit kaum noch möglich.

Der Skandal um das Abhören von Prominenten und Verbrechensopfern weitet sich nach der Einstellung der Zeitung "News of the World" jetzt noch auf andere Blätter aus. Die BBC veröffentlichte am Montag Informationen, wonach sich die "Sunday Times" illegale Informationen über den früheren Premierminister Gordon Brown beschafft haben soll. Die "Sunday Times" gehört wie die "News of the World" zum Murdoch-Konzern.

Zuvor waren Vorwürfe laut geworden, wonach auch die Telefone von Prinz Charles und seiner Frau Camilla abgehört worden sein sollen. Außerdem wurden Mitarbeiter des königlichen Sicherheitsapparats bestochen. In der vergangenen Woche war ans Tageslicht gekommen, dass Journalisten der "News of the World" die Mailbox einer ermordeten 13-Jährigen angezapft und Nachrichten gelöscht haben sollen, um Platz für neue zu machen. Außerdem sollen die Telefone von bis zu 4000 Prominenten, Politikern, Soldatenwitwen und Opfern von Terroranschlägen abgehört worden sein. News International hatte dann das Ende der 168 Jahre alten Zeitung verkündet. Die letzte Ausgabe erschien am Sonntag.