Jubelfeiern zur offiziellen Unabhängigkeit - Präsident Salva Kiir legt seinen Amtseid ab - Deutschland und die USA erkennen den neuen Staat an

Juba. Unter dem Jubel Zehntausender hat der Südsudan seine Unabhängigkeit gefeiert. Präsident Salva Kiir legte am Sonnabend den Amtseid ab, nachdem sich das verarmte, aber ölreiche Land im Nordosten Afrikas um Mitternacht vom Norden loslöste und eigenständig wurde. Bereits vor Tagesanbruch feierten die Menschen mit Autokorsos und Freudentänzen auf den Straßen der Hauptstadt Juba den neuen Staat. Allerdings drohen weitere Spannungen in der von Hunger geplagten Region.

Bei der Unabhängigkeitsfeier im Beisein von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und des sudanesischen Präsidenten Omar Hassan al-Baschir wurde die Flagge des Sudan eingeholt, die südsudanesische Flagge gehisst und die neue Nationalhymne gesungen. "Wir, die demokratisch gewählten Volksvertreter, erklären den Südsudan hiermit zu einem unabhängigen und souveränen Staat", sagte Parlamentspräsident James Wani Igga bei der Zeremonie. Jubelnde Menschen fielen sich in die Arme. "Wir haben es geschafft! Wir haben es geschafft", rief ein Mann. Kiir bot den Rebellen eine Amnestie an.

Nach einem jahrzehntelangen Bürgerkrieg, bei dem mindestens zwei Millionen Menschen ums Leben kamen, hatte sich die Bevölkerung des Südens im Januar per Referendum für die Souveränität entschieden. Die Regierung in Khartum erkannte als Erste den neuen Staat offiziell an, Stunden bevor die Teilung offiziell vollzogen war. Zahlreiche Fragen sind aber weiterhin ungelöst, darunter der genaue Grenzverlauf und die Aufteilung der Öl-Einnahmen.

Der südsudanesische Präsident stand während der Feier neben seinem alten Widersacher aus Zeiten des erbitterten Bürgerkriegs, Präsident Baschir, der nur noch an der Spitze des nördlichen Landesteils steht und sich für die Einheit des größten Flächenstaates in Afrika eingesetzt hatte. "Wir gratulieren unseren Brüdern im Süden zur Schaffung ihres neuen Staates", sagte Baschir. "Der Wille des Volkes im Süden muss respektiert werden." Seine Anwesenheit wurde als Signal des guten Willens bewertet. Sie war allerdings auch ein Schlag ins Gesicht westlicher Diplomaten: Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wirft Baschir Kriegsverbrechen in der Unruheprovinz Darfur vor und lässt ihn per Haftbefehl suchen.

Deutschland erkannte den Südsudan völkerrechtlich als unabhängigen Staat an. "Wir heißen die Republik Südsudan in der Internationalen Staatengemeinschaft als neues Mitglied herzlich willkommen und freuen uns auf die Zusammenarbeit", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie sicherte dem Land Unterstützung zu. Im Uno-Sicherheitsrat, in dem Deutschland gerade den Vorsitz habe, werde das Thema Sudan ganz oben auf der Tagesordnung stehen, sagte sie in ihrer wöchentlichen Videobotschaft. "Denn wir wollen, dass mit dem Nord- und mit dem Südsudan zwei stabile Staaten entstehen."

US-Präsident Barack Obama begrüßte die "Geburt einer neuen Nation". Die Unabhängigkeit zeige erneut, dass ein neuer Anfang nach Kriegen möglich sei. Anders als von der Regierung in Khartum erhofft, kündigte Obama aber kein unmittelbares Ende der amerikanischen Sanktionen gegen den Sudan an. Seit 1997 gilt ein US-Handelsembargo gegen das Land, das die Regierung in Washington als Unterstützer von Terroristen brandmarkt.

Auch China gratulierte dem Südsudan zu seiner Unabhängigkeit und bot dem Land enge Beziehungen an. China unterhält zwar ein enges Verhältnis zum Nordsudan, ist allerdings auch an guten Beziehungen zum Süden interessiert, da sich dort ein Großteil der Rohölvorkommen befindet und China als wichtiger Käufer seine weitere Versorgung sicherstellen will.

Die Welthungerhilfe warnte unterdessen vor der Gefahr eines Bürgerkriegs im Südsudan. "Anzunehmen, dass die Trennung des Sudan ohne Konflikte abläuft, wäre höchst leichtfertig", sagte Präsidentin Bärbel Dieckmann.