Lissabon. Inmitten der historischen Haushaltskrise ist gestern in Portugal vorzeitig ein neues Parlament gewählt worden. Nach ersten Hochrechnungen stand bereits fest, dass die konservativen Sozialdemokraten vor einem Erdrutschsieg stehen. Drei Fernsehsender sahen die oppositionelle Sozialdemokratische Partei (PSD) unter ihrem Spitzenkandidaten Pedro Passos Coelho gestern Abend klar vorne. Demnach kam die PSD auf zwischen 37 und 42,5 Prozent der Stimmen und könnte in einer Koalition mit der rechtsgerichteten CDS-PP die Regierung bilden.

Die bislang regierenden Sozialisten von Ministerpräsident José Sócrates kamen den Umfragen zufolge nur auf knapp 25 bis 30 Prozent der Stimmen. Noch am Abend gestand Sócrates in Lissabon die Niederlage ein und kündigte seinen Rücktritt als Parteichef an.

Die vorgezogene Neuwahl war nötig geworden, nachdem das Parlament im März die Zustimmung zum vierten Sparprogramm von Sócrates' Minderheitsregierung binnen eines Jahres verweigert hatte. Zwei Wochen später musste die Regierung den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die EU um Hilfe bitten, da die Zinsen am Anleihemarkt schwindelerregende Höhen erreichten. Im Mai bewilligten EU und IWF ein Hilfsprogramm von 78 Milliarden Euro, im Gegenzug muss Portugal ein hartes Spar- und Reformprogramm auflegen sowie Staatsbesitz verkaufen. Bei der Wahl ging es vor allem darum, welcher Partei die Portugiesen am ehesten zutrauen, angesichts der enormen Schuldenkrise den sinkenden Lebensstandard zu sichern.

Problematisch ist die Lage aber auch am Arbeitsmarkt, wo die Arbeitslosenquote einen Rekordwert von 12,6 Prozent erreicht hat - der höchste Wert seit 30 Jahren.

Der Regierungswechsel stellt das Rettungspaket für Portugal mit seinen rund 10,6 Millionen Einwohnern nicht infrage. Sowohl PSD als auch CDS hatten sich zur Umsetzung der Bedingungen verpflichtet. Meinungsverschiedenheiten bestehen jedoch darüber, wie die Sparziele erreicht werden können sowie über mögliche Privatisierungen im öffentlichen Dienst.