Washington will offenbar Synergien zwischen CIA und Streitkräften schaffen

Hamburg. Die bislang bedeutendste Personalveränderung in der amerikanischen Administration wirkt auf den ersten Blick, als wolle US-Präsident Barack Obama seine Gegner verwirren. Wie in Washington bekannt geworden ist, wird der Chef des Auslandsgeheimdienstes CIA, der 72-jährige Leon Panetta, künftig das Verteidigungsressort von dem schon lange amtsmüden Robert Gates übernehmen, während der Kommandeur in Afghanistan, Viersternegeneral David Petraeus (58), künftig statt Panetta die CIA führen wird.

Der Sinn dieser verblüffenden Rochade ergibt sich aus den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen der USA. Nicht zuletzt die dramatischen Entwicklungen in der arabischen Welt sowie der Ausbau des gescheiterten Staates Jemen zu einer Al-Qaida-Hochburg fordern eine strukturelle und strategische Neuausrichtung von Militär und Geheimdiensten in den USA. Vor drei Jahren bereits hatte General Petraeus eine Studie in Auftrag gegeben, die sich mit der Lage im Jemen befasste. Die Zentralregierung von Präsident Ali Abdullah Saleh ist weitgehend machtlos, während militante Islamisten weite Teile Jemens beherrschen. Das Land gilt inzwischen als größte terroristische Bedrohung für die USA. Es ist wenig bekannt über die bisherigen Einsätze von Kampfdrohnen und US-Spezialeinheiten im Jemen. Aber die Ernennung von Petraeus zum CIA-Chef ist ein klares Signal dafür, dass sich der bewaffnete Auslandsgeheimdienst künftig noch stärker im Jemen engagieren wird - dann wohl in engerer Abstimmung mit dem US-Militär.

Unter Präsident George W. Bush hatte dessen mächtiger Verteidigungsminister Donald Rumsfeld eigene Geheimdienststrukturen im Pentagon aufgebaut, um von der CIA weniger abhängig zu sein. Die CIA wiederum legte sich eigene Sondereinsatztruppen mit einer kompletten Flugzeugflotte und Kampfdrohnen der Typen "Predator" und "Reaper" zu, um militärisch sofort zuschlagen zu können - ohne das Pentagon erst um Hilfe bitten zu müssen.

Die Rivalität zwischen Pentagon und CIA drohte die Effektivität des Engagements gegen den Terror zu beeinträchtigen. Ferner wurde zunehmend unklar, welche Rolle Streitkräfte und Geheimdienst in den Einsatzländern eigentlich genau spielten. Mitglieder des US-Kongresses beschwerten sich über diese diffuse Kriegsführung.

Dennoch ist es derzeit unwahrscheinlich, dass sich die Ressorts wieder schärfer voneinander abgrenzen. Im Gegenteil: Der Umbau der US-Sicherheitsdienste für die Führung "asymmetrischer Kriege" gegen Terrorgruppen und Aufständische verlangt nach flexiblen und vernetzten Strukturen sowohl bei den Streitkräften wie bei den 16 amerikanischen Geheimdiensten. Mit der neuen Personalstruktur - praktisch einem Tausch der Führungen von Auslandsgeheimdienst und Militär - soll die alte Rivalität offenbar in eine Synergie, also einen gegenseitigen Nutzen, umgewandelt werden.