Abgewählter Präsident Laurent Gbagbo vor der Niederlage. Krieg in der Elfenbeinküste damit nahezu beendet

Hamburg. Der blutige Machtkampf in der Elfenbeinküste ist praktisch beendet - nur einer hat es noch nicht begriffen: der abgewählte Präsident Laurent Gbagbo. Sein zu den Rebellen um Alassane Ouattara übergelaufener früherer Außenminister Alcide Djedje sagte gestern dem britischen Sender BBC: "Der Krieg ist vorbei." Der französische Admiral Edouard Guillaud sagte im Sender Europe 1, es handle sich nur noch um "eine Frage von Stunden".

Der ivorische Fernsehsender TCI berichtete, die Republikanische Präsidentengarde, auf die sich Gbagbo massiv gestützt hatte, habe die Waffen niedergelegt. Ihr Kommandeur habe die Uno gebeten, für die Sicherheit seiner Soldaten zu sorgen.

Einheiten des gewählten Präsidenten Ouattara stürmten das Gelände der Residenz in der Großstadt Abidjan, in der sich Gbagbo verschanzt hielt. Das Ziel sei es, den ehemaligen Machthaber gefangen zu nehmen, der sich in einem Bunker aufhalten soll, erklärte ein Sprecher Ouattaras. Gbagbo hatte am Dienstag einen Gesandten geschickt, der über die Bedingungen für einen Rücktritt verhandeln sollte.

Ausländische Diplomaten erklärten jedoch, er habe damit nur Zeit gewinnen wollen. Gbagbo sagte dazu gestern dem französischen Sender RFI, für ihn stelle sich die Frage des Rücktritts nicht. Er habe die Wahl im vergangenen November gewonnen. "Ich gebe nicht auf. Wir befinden uns nicht in einer Verhandlungsphase", sagte Laurent Gbagbo. Sein Machtbereich ist inzwischen auf die Residenz geschrumpft, in die er sich mit seiner Familie und einigen Getreuen aus dem Kabinett geflüchtet hat. Armee, Polizei und nun auch Präsidentengarde haben die Kämpfe eingestellt, nur noch eine Handvoll Milizen leistete gestern Outtaras Truppen Widerstand. Die französische Nachrichtenagentur AFP sprach von einem "finalen Angriff" auf Gbagbos Stellung. Frankreichs Außenminister Alain Juppé meinte, die "Starrköpfigkeit" Gbagbos sei "absurd. Er hat keinerlei Perspektive mehr. Alle Welt hat ihn fallen gelassen."

Nach Angaben der unabhängigen Wahlkommission hatte Ouattara die Präsidentschaftswahlen mit 54 Prozent der Stimmen gewonnen. Er ist international als neues Staatsoberhaupt der Elfenbeinküste längst anerkannt, Gbagbo will jedoch nicht weichen und macht Unregelmäßigkeiten beim Urnengang im November geltend.

Der Militäreinsatz der Vereinten Nationen und französischer Truppen mit Kampfhubschraubern aufseiten Ouattaras hatte in den vergangenen Tagen das Blatt gewendet. Die Uno-Sicherheitsratsmitglieder Russland und Südafrika kritisierten gestern, für ein solches massives Eingreifen in den Konflikt fehle die rechtliche Grundlage. Russland will dies in der Uno prüfen lassen. Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon verteidigte das Eingreifen mit dem Schutz von Zivilisten. Er betonte, die Uno ergreife in dem Konflikt keine Partei. Anders offenbar Frankreich: Nach Berichten des gewöhnlich exzellent informierten Enthüllungsblatts "Le Canard enchaine" hat der französische Geheimdienst die Militäroffensive Ouattaras massiv unterstützt. "Wir haben den Soldaten Ouattaras Ratschläge zur Taktik gegeben, aber auch Munition und Sturmgewehre vom Typ Famas geliefert", sagte ein hochrangiges Mitglied des Geheimdienstes dem Pariser Blatt. Frankreich hat rund 1700 Soldaten in dem westafrikanischen Land. Die "Operation Einhorn", die zuletzt 900 Mann umfasste, sei vor allem durch Spezialkräfte aufgestockt worden, berichtete der "Canard". Ouattaras Anhänger hatten innerhalb von knapp vier Tagen weite Teile des Landes eingenommen. Erst in Abidjan waren sie auf erbitterten Widerstand der Gbagbo-Anhänger gestoßen. Dessen Sprecher Ahoua Don Mello erklärte, bei den Angriffen der ausländischen Kampfhubschrauber seien auch viele Zivilisten ums Leben gekommen.

Der monatelange Machtkampf hat das westafrikanische Land gelähmt. In der Vier-Millionen-Wirtschaftsmetropole Abidjan, bis 1983 Hauptstadt der Elfenbeinküste, sind viele Gebäude zerstört, viele Läden ausgeplündert oder geschlossen. Tausende Menschen sind ums Leben gekommen, darunter nach Angaben des Uno-Kinderhilfswerks Unicef auch viele Kinder. Den Krankenhäusern gehen Medikamente und Verbandsmaterial aus. Die Uno sprach von einer "absolut dramatischen Lage" im Lande. Durch die Kämpfe sei die Versorgung der Hunderttausenden Flüchtlinge blockiert. Deutschland erhöhte seine Soforthilfe um eine weitere Million Euro. Der Export in der Elfenbeinküste, vor dem Bürgerkrieg größter Kakao-Exporteur der Welt, ist aufgrund der Kämpfe stark eingebrochen.