Ausschreitungen in Afghanistan wegen Koranverbrennung in den USA halten an

Kabul. Eine Deutsche ist dem Massaker an Mitarbeitern der Vereinten Nationen im nordafghanischen Masar-i-Scharif nach einem Bericht des "Wall Street Journals" nur knapp entgangen. Die US-Zeitung berichtete, die Frau habe zum Zeitpunkt des Angriffs erst rund eine Woche zur Uno-Mission gehört. Bei einer Demonstration gegen die Verbrennung eines Korans in den USA hatte am vergangenen Freitag ein Mob das Gelände der Vereinten Nationen in der Stadt gestürmt und sieben Ausländer getötet. Die Bluttat hatte international für Entsetzen gesorgt.

Unter den getöteten Uno-Mitarbeitern waren neben vier nepalesischen Wachmännern eine Norwegerin, ein Schwede und ein Rumäne. Die letztgenannten drei und der russische Leiter der Mission in Masar-i-Scharif hätten in einem Schutzraum Zuflucht gesucht. Den Angreifern sei es aber gelungen, in diesen Raum einzudringen.

Der Russe habe versucht, die Angreifer abzulenken und seine Mitarbeiter zu schützen, berichtet das Blatt weiter. Er habe vorgegeben, Muslim zu sein, und habe das muslimische Glaubensbekenntnis rezitiert. Der Missionsleiter sei verprügelt, aber am Leben gelassen worden. Seine drei Kollegen seien getötet worden.

Die Zeitung schreibt unter Berufung auf namentlich nicht genannte Diplomaten, während die Angreifer sich auf den ersten Schutzraum konzentriert hätten, seien die Deutsche und drei oder vier andere Uno-Mitarbeiter in einem Schutzraum in einem anderen Gebäude auf dem Gelände untergekommen. Sie hätten überlebt.

Bundespräsident Christian Wulff hat die Koranverbrennung in den USA und die folgenden gewaltsamen Proteste in Afghanistan verurteilt. Er sagte, "dass die Verbrennung eines Korans keine Gewalt gegen niemanden rechtfertigt". Auf der anderen Seite sei das Anzünden des Korans durch den radikalen amerikanischen Prediger Terry Jones "einfach unzivilisiert". Bei Protesten gegen die Aktion in Florida wurden in Afghanistan in den vergangenen Tagen mindestens 23 Menschen getötet, fast 150 wurden verletzt. Auch gestern hielt die Protestwelle in Afghanistan an. Hunderte Menschen demonstrierten im Osten des Landes, warfen mit Steinen und riefen antiamerikanische Parolen. Präsident Hamid Karsai appellierte an die Sicherheitskräfte, maximale Vorkehrungen zu treffen. Er forderte die USA auf, den in Florida lebenden Hassprediger Terry Jones festzunehmen.

Jones hatte am 20. März bereits zum zweiten Mal einen Koran verbrannt. Auch nach seiner vorherigen Aktion im September 2010 war es zu tagelangen gewaltsamen Protesten in Afghanistan gekommen. Internationale Medien hatten diesmal nicht darüber berichtet. Die meisten Afghanen hatten erst davon erfahren, als Afghanistans Präsident Karsai vier Tage später die Entweihung des Buches öffentlich verurteilte. Karsai war das einzige Staatsoberhaupt eines islamischen Landes, das die Koranverbrennung der Mini-Kirche überhaupt erwähnte.