Lage auf Lampedusa spitzt sich zu. Starker Wind verhindert Transport von Tunesiern aufs Festland

Rom. Wegen schlechten Wetters haben die italienischen Behörden die für den Sonnabend geplante Verlegung von rund 3500 tunesischen Flüchtlingen von der Insel Lampedusa auf das italienische Festland verschoben. Böen verhinderten, dass die Fähren wie vorgesehen ablegen konnten. Bei den Flüchtlingen, die über nicht genug Lebensmittel und Wasser klagen, machte sich zunehmend Ärger und Frust bereit.

In einem als Unterkunft genutzten alten Wohnmobil brach am Sonnabend ein Feuer aus. Der Brand sei von einem jungen Tunesier gelegt worden, berichteten mehrere Landsleute laut Polizei. Der Verdächtige wurde festgenommen und verhört. Verletzt wurde bei dem Brand niemand. Möglicherweise habe jemand auf das Schicksal der Flüchtlinge aufmerksam machen wollen, sagte Polizeisprecher Fabrizio Pisanelli. Sie fordern neben mehr Lebensmitteln und Duschgelegenheiten vor allem Garantien, dass sie bald von Lampedusa weggebracht werden.

Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte den Umgang von Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi mit den Nordafrikanern scharf. "Die Art, wie Berlusconi sein ,Lampedusa liberata' zum nationalen Befreiungskampf stilisiert, um die Flüchtlinge dann ,Bürgerwehren' in Apulien in die Arme zu treiben, zeigt das ganze Ausmaß seines Chauvinismus", sagte Roth dem Hamburger Abendblatt.

Zuvor hatte Berlusconi Lampedusa besucht und eine Verlegung der Nordafrikaner auf das Festland angekündigt. Die Menschenverachtung von Berlusconi und das Desinteresse der übrigen EU-Staaten markieren laut Roth einen Wettlauf der Schäbigkeit. Die Parteichefin betonte: "Stattdessen brauchen wir europäische Solidarität bei der Aufnahme von Flüchtlingen und bei der Beseitigung der Ursachen von Flucht, nämlich von Not, Elend und politischer Unterdrückung in der nächsten Nachbarschaft Europas."

Eine Flüchtlingswelle aus Libyen würde die Lage auf Lampedusa weiter verschärfen. Gestern setzten die internationalen Militärkräfte unter dem Kommando der Nato ihre Bombardements unvermindert fort. Bei einem Luftangriff von Kampfjets der Nato seien irrtümlicherweise 13 Aufständische getötet worden, berichtete ein dpa-Korrespondent. Die Rebellen zogen offenbar das Feuer der Nato-Kampfjets auf sich, als sie mit Luftabwehrkanonen aus Freude in den Himmel schossen. Auch der Kampf am Boden geht weiter. Die von den Milizen Muammar al-Gaddafis belagerten Städte Al-Sintan und Misrata werden immer wieder von Artillerieüberfällen erschüttert.