Uno-Ermittler relativiert Kritik an Israels Vorgehen im Gaza-Krieg

Jerusalem. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Vereinten Nationen aufgefordert, einen Bericht zum Gaza-Krieg 2008/2009 zurückzuziehen. Netanjahu sagte gestern, Grund seien Äußerungen des Uno-Sonderermittlers Richard Goldstone, nach denen er seine Einschätzungen überdenken will.

Goldstone hatte in der "Washington Post" geschrieben, neue Angaben der israelischen Streitkräfte deuteten darauf hin, dass die Soldaten nicht absichtlich zivile Ziele ausgewählt hätten. Dies war einer der schärfsten Vorwürfe in seinem Bericht zu der bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas 2008 und 2009. Heute sei viel mehr über die Ereignisse des Gaza-Krieges bekannt, schrieb Goldstone jetzt. "Wenn ich gewusst hätte, was ich jetzt weiß, wäre der Goldstone-Bericht ein anderes Dokument gewesen." Goldstone schrieb weiter, der Uno-Menschenrechtsrat habe eine "Geschichte der Voreingenommenheit gegenüber Israel".

Der Zeitungsbeitrag sorgte in Israel am Wochenende für großes Aufsehen und Genugtuung. Die Palästinensische Autonomiebehörde rief die Vereinten Nationen hingegen dazu auf, an dem Bericht festzuhalten.

Goldstones im September 2009 veröffentlichter Report hatte bei der israelischen Regierung für Empörung gesorgt, die die Zusammenarbeit bei den Ermittlungen der Vereinten Nationen verweigert hatte. Goldstone, ein Richter aus Südafrika, war in seinem Bericht zu dem Schluss gekommen, dass sowohl Israel als auch die Hamas möglicherweise Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben. Er bezichtigte Israel des übertriebenen Einsatzes von Gewalt, außerdem sollen die Truppen gezielt gegen Zivilpersonen vorgegangen und Zivilisten als menschliche Schutzschilde missbraucht haben. Israel warf dem mit den Untersuchungen beauftragten Ausschuss daraufhin Voreingenommenheit vor.

Netanjahu sagte jetzt, die Streitkräfte seien durch den jetzt veröffentlichten Artikel des ehemaligen Ermittlers rehabilitiert worden. "Alles, was wir gesagt haben, hat sich bewahrheitet", sagte der Ministerpräsident. "Die Tatsache, dass Goldstone einen Rückzieher gemacht hat, bedeutet, dass der Bericht ein für alle Mal begraben werden sollte. Ich rufe die Vereinten Nationen auf, den Bericht sofort zu annullieren", erklärte der Premier bei einem kurzen Fernsehauftritt. Der Bericht gehöre "in den Papierkorb der Geschichte". Israels Staatspräsident Schimon Peres forderte laut Rundfunk eine offizielle Entschuldigung von Goldstone.

Israel hatte im Dezember 2008 eine dreiwöchige Offensive gestartet, als Reaktion auf fast tägliche Raketenangriffe aus dem Gazastreifen. Bei der Offensive waren 1400 Palästinenser ums Leben gekommen, nach Angaben palästinensischer Ärzte die meisten davon Zivilisten. Auf israelischer Seite starben 13 Menschen.