Weltrekord zu Hause in Brüssel - Regierungsbildung zieht sich seit 289 Tagen hin

Berlin. Belgiens König Albert II. und seine Frau Paola sind zu einem zweitägigen Staatsbesuch in Deutschland eingetroffen. In Berlin wurden sie am Schloss Bellevue von Bundespräsident Christian Wulff mit militärischen Ehren begrüßt.

Wulff rief zu weiteren Anstrengungen auf, die Währungsunion in Europa dauerhaft zu stabilisieren. Notwendig seien strukturelle Reformen und solides Haushalten in den Mitgliedsländern, sagte er in der Tischrede bei einem Mittagessen. Belgien habe sich vor Ausbruch der Krise wegen des Schuldenabbaus in ganz Europa Anerkennung erworben. "Ich darf Sie ermutigen, bald wieder auf den Weg der Konsolidierung voranzuschreiten", sagte der Bundespräsident.

Der Bundespräsident dankte dafür, dass Belgien vor 60 Jahren trotz der Besetzung durch die Nationalsozialisten als eines ersten Länder nach dem Zweiten Weltkrieg wieder diplomatische Beziehungen mit Deutschland aufgenommen habe. "Damit haben Sie unserem Land geholfen, seinen Platz als freiheitliche und friedliche Gesellschaft zu finden", erklärte er. König Albert betonte die große Rolle, die die deutschsprachige Minderheit in Belgien bei der Entwicklung der "ausgezeichneten Nachbarschaft" zwischen beiden Ländern gespielt habe.

Belgien hat unterdessen den Weltrekord des Irak für die längste Zeit bis zu einer Regierungsbildung eingestellt. Gestern war das Land 289 Tage nach den Parlamentswahlen vom 13. Juni 2010 weiter ohne richtige Regierung. Die Koalition unter Yves Leterme war im vergangenen April an einem Streit über die Rechte von französischsprachigen Belgiern in Flandern zerbrochen. Der Streit um die Minderheitenrechte ist Teil der Konflikte zwischen den Parteien der Flamen und der Französischsprachigen aus Brüssel und der Wallonie andererseits. Die Auseinandersetzungen prägen auch die aktuellen schleppenden Verhandlungen.