Vatikanstadt. Papst Benedikt XVI. distanziert sich im zweiten Teil seiner Jesus-Biografie klar von der These, dass die Juden angeblich für die Kreuzigung Jesu verantwortlich gewesen sein sollen. In dem am 10. März erscheinenden Buch, aus dem die Vatikan-Zeitung "Osservatore Romano" vorab Auszüge veröffentlichte, heißt es: Nicht das jüdische Volk als Ganzes habe die Hinrichtung gefordert. Es seien vielmehr die "Tempel-Aristokratie" in Jerusalem und die Massen von Anhängern des ebenfalls vom Todesurteil bedrohten Mörders Barabbas gewesen.

Der Jüdische Weltkongress (World Jewish Congress, WJC) begrüßte die Ausführungen des Papstes. 2000 Jahre nach dem Ereignis sei es für eine Stellungnahme des Oberhaupts der katholischen Kirche zu diesem Thema "wirklich höchste Zeit" gewesen, erklärte WJC-Präsident Ronald Lauder. Juden hätten unter Verfolgung und Antisemitismus gelitten, weil Christen sie kollektiv für die Tötung von Jesus verantwortlich machten. Dabei sei Jesus, der selbst Jude war, von den römischen Herrschern hingerichtet worden.

Lauder warnte zugleich davor, dass viele katholische Geistliche weiterhin Theorien über einen "Gottesmord" der Juden verträten, ungeachtet der Vatikan-Erklärung "Nostra Aetate" von 1965. Darin wird die über Jahrhunderte verbreitete Ansicht von der Schuld der Juden am Kreuzestod Christi verworfen. Lauder sagte, die persönlichen Ansichten des Papstes zum Thema reichten vielleicht nicht aus. Der Papst müsse einer solchen Praxis mit einer offiziellen Erklärung oder einer Enzyklika ein Ende setzen. Er würdigte jedoch den Einsatz von Benedikt für den katholisch-jüdischen Dialog und seine Haltung zum Antisemitismus.