US-Republikaner drohen, Bundesregierung lahmzulegen. Aber das könnte Obama nützen

Washington. Seit mehr als einer Woche halten Lehrer und Gewerkschafter des öffentlichen Dienstes die Rotunde des Kapitols in Wisconsins Hauptstadt Madison besetzt. Sie belagern die Residenz des republikanischen Gouverneurs Scott Walker, der ihnen den Krieg erklärt hat. Es geht um das Kürzen von Einkommen, Jobs und alten Rechten. Wisconsin mit seinen 5,7 Millionen Einwohnern ist die Avantgarde in einem überschuldeten Bund von ziemlich bankrotten Staaten.

Wären es nur diese Kürzungen, es hätten sich kaum 55 000 Demonstranten um das Kapitol gedrängt, wie am vergangenen Wochenende. Der Zorn entzündet sich an der kaum verhohlenen Absicht des Gouverneurs, die Gelegenheit zu nutzen, um die Macht der Gewerkschaften zu zerschlagen.

US-Präsident Barack Obama zögerte tagelang, Solidarität mit seinen traditionellen Wählern auf den Straßen von Madison zu beweisen. Als er endlich vor einem "Angriff auf die Gewerkschaften" warnte", klang das seinen Anhängern zu zaghaft. Und niemand kann bestreiten, dass der US-Bundeshaushalt in noch erbärmlicherem Zustand ist als der vieler Einzelstaaten. In dem von Obama am 14. Februar vorgelegten Vorschlag sind Kürzungen in Höhe von 1,1 Billionen Dollar über das kommende Jahrzehnt ausgewiesen. Das Rekorddefizit von elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts soll bis 2021 auf 3,1 Prozent fallen. Woher die nötigen Einsparungen kommen sollen, ist nicht nur Republikanern schleierhaft.

Inzwischen wird eine Lähmung der Bundesregierung durch die Republikaner im Kongress immer wahrscheinlicher. Wenn bis zum 4. März kein neuer Übergangshaushalt verabschiedet ist, wiederholt sich, was Newt Gingrich Ende 1995, Anfang 1996 inszenierte, um Präsident Bill Clinton auszureizen. Die Regierung der USA samt ihren Bediensteten, darunter FBI-Beamte und Soldaten, bekam keine Bezüge mehr und stellte die Arbeit ein. Das Chaos im Inneren und der Image-Schaden der USA wurden aber damals den Republikanern und nicht, wie von Gingrich prophezeit, Clinton angelastet. Die Machtprobe rettete dem demokratischen Präsidenten stattdessen die Wahlen im Jahr 1996.

Wenn John Bohner, der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, es nun seinen Abgeordneten freistellt, Hunderte neue Gesetzentwürfe mit Kürzungen aller Programme, die den Demokraten teuer sind, einzubringen, spielt er also mit hohem Risiko. Denn parteilose Wähler lassen sich mit ideologischen Schaukämpfen, die nicht einmal nennenswerte Summen sparen, kaum gewinnen. In Madison, Wisconsin, gehen die Proteste in den neunten Tag. Sie sind nur der Anfang.