EU-Parlament verschiebt Abstimmung über Resolution zum umstrittenen Mediengesetz Ungarns

Brüssel. Wochenlang hatten sich die Abgeordneten im EU-Parlament auf eine scharfe Verurteilung des umstrittenen ungarischen Mediengesetzes vorbereitet. Sie hatten eine Resolution verfasst. Gestern sollte abgestimmt werden - am Ende stimmten die Parlamentarier aber nur darüber ab, die Abstimmung zu verschieben. Möglicherweise - und das ist vor allem die Hoffnung der konservativen Mehrheitspartei EVP - wird auch gar nicht mehr abgestimmt.

Die Entwicklung ist ein kleiner Triumph für die Regierung des konservativen ungarischen Ministerpräsidenten Victor Orbán, der seit Jahresbeginn für sechs Monate die EU-Ratspräsidentschaft führt und seit Wochen wegen undemokratischer Mediengesetze in der Kritik steht. Wie konnte es dazu kommen? Im letzten Moment lenkte die Regierung Orbáns ein und machte in vier Punkten Zugeständnisse, die gegen die Medienrichtlinie der EU und zum Teil gegen die Grundrechtecharta verstießen. Am Mittwochabend erklärte EU-Medienkommissarin Neelie Kroes im Straßburger Parlament, sie sei "sehr zufrieden" mit den angekündigten Änderungen.

Die Parlamentarier wurden von dieser Entwicklung überrascht - und mussten den vorbereiteten Resolutionstext, der eine scharfe Verurteilung Ungarns vorsah, wieder einpacken.

"Die Ausführungen von Frau Kroes haben einige Fragen offengelassen. Wir werden jetzt intensiv prüfen, ob die Änderungen reichen und auch wirklich durchgeführt werden. Die Sache ist noch nicht vorüber", sagte der Chef der Sozialisten im EU-Parlament, Martin Schulz, der "Welt". "Wir werden die Resolution so lange nicht vom Tisch nehmen, bis alle Probleme geklärt sind", sagte Liberalen-Chef Guy Verhofstadt. Sozialisten, Liberale und Grüne stören vor allem der angeblich weiterhin eingeschränkte Informantenschutz und die parteipolitisch einseitige Besetzung des Medienkontrollrats.

Dagegen sagte der deutsche EU-Abgeordnete Werner Langen (CDU): "Die Regierung Orbán hat alle Forderungen erfüllt." Jetzt komme es darauf an, dass man sich "auf die inhaltliche Arbeit bei der laufenden EU-Gesetzgebung konzentriere". Ob dies gelingen wird, muss sich nun in den kommenden Monaten zeigen.

Die ungarische Regierung, die daheim mit einer Zweidrittelmehrheit der Abgeordnetenmandate regiert, ist schon jetzt zufrieden.