Die Jungen brauchen jetzt die Hilfe des Militärs und der Moslembrüder, sagt Peter Scholl-Latour

Kairo/Hamburg. Das Ende von Husni Mubarak begann vor zwei Wochen, als vor dem Parlament in Kairo ein Ägypter versuchte, sich selbst zu verbrennen, und schwer verletzt wurde. Danach gingen Hunderttausende auf die Straßen, demonstrierten und zwangen das Regime zum Handeln. Jetzt ist Ägyptens Präsident Geschichte, doch das Land steht ein weiterer Kraftakt bevor: der Übergang zur Demokratie.

Die Macht hat jetzt das Militär übernommen. Ohnehin schon die mächtigste Institution Ägyptens und für viele der Garant nationaler Interessen schlechthin, nutzten die Streitkräfte die Unruhen der vergangenen Tage dazu, ihre Autorität zu festigen. Eine Militärdiktatur wie in Birma ist nach Einschätzungen von Experten nicht zu befürchten. Denn die Streitkräfte sind keine eigene revolutionäre Kraft. Im Gegenteil: Sie haben den Rückhalt bei den Menschen. Viele Demonstranten forderten in den vergangenen Tagen das Militär dazu auf, für Ruhe und Stabilität zu sorgen. Das Machtvakuum nach dem Rücktritt Mubaraks zu füllen ist nun die wichtigste Aufgabe der Streitkräfte - denn nur politische Stabilität öffnet jetzt die Chance für einen Übergang zur Demokratie.

"Die jungen Demonstranten werden nicht in der Lage sein, eine geordnete demokratische Regierung aufzubauen", sagt Nahost-Experte Peter Scholl-Latour dem Hamburger Abendblatt. "Das müsste jemand sein, der sowohl von der Armee als auch von der Moslembrüderschaft unterstützt wird." Vier der höchsten Generale saßen auch bisher in Spitzenämtern, Tausende Soldaten waren auf den Straßen im Einsatz. Das Ergebnis dieser Kombination aus Stärke und Öffentlichkeitsarbeit lief auf einen weichen Putsch hinaus.

Für das Land sei dieser Umbruch eine Chance für eine politische Öffnung, sagt die Ägypten-Expertin der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGaP), Almut Möller, dem Abendblatt. "Dennoch werden Armut und Arbeitslosigkeit, aber auch die durch die Umwälzung geschwächte Wirtschaft die Transformation zur Demokratie erschweren."

Das Militär profitiert von jährlich 1,3 Milliarden Dollar US-Militärhilfe - und erhält mittlerweile als Unternehmer lukrative Staatsaufträge in Straßenbau und Lebensmittelproduktion. Der Westen müsse sich jetzt darauf konzentrieren, die Transformation durch Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit zu unterstützen, sagt Möller.