Merkel und US-Regierung warnen vor übereiltem Rückzug von Mubarak. Zum ersten Mal hat das Regime Gespräche mit der Opposition aufgenommen.

Hamburg/Kairo. Die Machtstrukturen in Ägypten geraten in Bewegung: Zum ersten Mal hat das Regime des bedrängten Staatspräsidenten Husni Mubarak Gespräche mit Vertretern der Opposition, darunter den offiziell verbotenen Muslimbrüdern aufgenommen. Zugleich trat die alte Führung von Mubaraks Regierungspartei NDP ab, unter ihnen Mubaraks Sohn Gamal, und wurde durch neue Leute ersetzt.

Omar Suleiman, langjähriger Geheimdienstchef des Landes und erst kürzlich von Mubarak zum Vizepräsidenten ernannt, traf sich in getrennten Runden mit Oppositionellen. Suleiman, der inzwischen als starker Mann in Kairo gilt, lehnte es jedoch ab, offiziell die Macht von Mubarak zu übernehmen. Die Opposition hatte ihn darum gebeten, wie ein Vertreter einräumte.

Mubaraks weiteres Schicksal ist nach wie vor unklar. Die "New York Times" berichtete über die offenbar diskutierte Option, Mubarak könne sich zu einem längeren Gesundheitscheck nach Deutschland begeben. Der ägyptische Staatschef hat sich bereits mehrfach in der Heidelberger Universitätsklinik behandeln lassen. Zuletzt wurde ihm dort offenbar die Gallenblase entfernt.

Eine Kliniksprecherin erklärte am Sonntag, Mubarak sei - wie alle anderen Patienten auch - jederzeit in der Klinik willkommen. Konkrete Vorbereitungen für einen Aufenthalt gebe es jedoch nicht. "Bislang liegt keine Anfrage der Bundesregierung oder des Auswärtigen Amtes vor", hieß es in Heidelberg.

Während in Kairo auf dem zentralen Tahrir-Platz weiter gegen das Regime demonstriert wurde, beherrschte das Thema Ägypten auch die Münchner Sicherheitskonferenz. Konferenzleiter Wolfgang Ischinger bezeichnete Berichte über ein mögliches Deutschland-Exil Mubaraks als "Gerücht".

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte in einer Rede an die 350 Teilnehmer der Sicherheitskonferenz vor einem überstürzten Machtwechsel in Ägypten. Es dürfe kein "totales Machtvakuum" in Kairo geben, sagte die Kanzlerin. Ganze schnelle Wahlen als Beginn des Demokratisierungsprozesses halte sie für falsch. US-Außenministerin Hillary Clinton forderte in München einen "Geist der Toleranz und des Kompromisses" in Kairo.

Der Sondergesandte der US-Regierung von Präsident Barack Obama, Frank Wisner, wandte sich in einer Videoschaltung ganz offen gegen einen sofortigen Rückzug Mubaraks. "Es wäre ein Fehler, wenn wir die bestehende Regierung Ägyptens feindselig behandeln würden", sagte Wisner. Mubarak müsse im Amt bleiben, um für einen geordneten Übergang zu sorgen. Mehrere Teilnehmer der hochrangig besetzten Veranstaltung im Bayerischen Hof warnten vor einer zu starken Einmischung des Westens in die innerägyptischen Angelegenheiten. Dies würde nur die radikalen Kräfte stärken.