Ali Abdullah Saleh gibt dem Druck der Demonstranten nach und kündigt Zugeständnisse an die Opposition an.

Sanaa/Washington. US-Präsident Barack Obama mahnt politische Reformen im Jemen an. Er forderte den jemenitischen Präsidenten Ali Abdullah Salih in einem Telefongespräch auf, seinen Reformversprechen jetzt „konkrete Taten“ folgen zu lassen, teilte das Weiße Haus am Donnerstag (Ortszeit) mit. Die Sicherheitskräfte in dem arabischen Land sollten keine Gewalt gegen Demonstranten anwenden, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausübten.

Salih hatte am Vortag in Sanaa versprochen, er wolle nach 32 Jahren auf eine weitere Amtszeit verzichten. Allerdings läuft seine Amtszeit erst 2013 ab. Zudem wolle er die für April geplante Parlamentswahl verschieben und eine Regierung der nationalen Einheit bilden. Obama rief bei dem Telefonat am Mittwoch Salih auch dazu auf, entschlossen gegen Al-Kaida-Terroristen im Jemen vorzugehen.

Ungeachtet der Versprechen Salihs gingen seine Anhänger und Gegner in Sanaa am zum "Tag des Zorns" ausgerufenen Donnerstag weiter auf die Straße. An zwei Stellen in der Hauptstadt demonstrierten jeweils mehr als 20.000 Menschen, berichteten Augenzeugen.

Lesen Sie auch den Abendblatt-Bericht vom 3. Februar:

Im Nahen Osten gibt ein weiterer Herrscher dem Druck der Straße nach: Der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh hat am Mittwoch nach tagelangen Protesten gegen seine Herrschaft seinen Rückzug aus dem Amt angekündigt. Ähnlich wie Ägyptens Präsident Mubarak will er aber nicht sofort zurücktreten. Er werde sich aber nicht um eine weitere Amtszeit bewerben, kündigte Saleh in einer Rede vor beiden Kammern des Parlaments an.

Saleh versprach aber, er wolle die Macht auch nicht an seinen Sohn übergeben. Damit kam er einer weiteren Forderung der Opposition nach. Diese hatte, beflügelt von den Protesten in Tunesien und Ägypten, Salehs Rücktritt gefordert, der ähnlich wie seine Kollegen im Nahen Osten dort schon seit drei Jahrzehnten an der Macht ist.

"Ich werde keinen Hochmut an den Tag legen, sondern im nationalen Interesse ein Zugeständnis nach dem anderen machen", sagte der seit fast 33 Jahren amtierende Staatschef. Er legte eine umstrittene Verfassungsreform auf Eis, die ihm eine lebenslange Herrschaft hätte sichern können. Mit ihr sollte das Verbot einer erneuten Kandidatur nach zwei aufeinander folgenden Amtszeiten aufgehoben werden. Seit das Parlament seine Unterstützung für das Projekt signalisierte, wachsen im Jemen die Spannungen.

Die Opposition hatte den heutigen Donnerstag zu einem "Tag des Zorns" erklärt und wieder zu Massenkundgebungen gegen seine Herrschaft in allen Provinzen des Landes aufgerufen. Ähnlich wie in Ägypten, wo Mubaraks Sohn Gamal wohl zum Präsidenten aufsteigen sollte, wurde auch im Jemen vermutet, dass sich Salehs Sohn auf das Präsidentenamt vorbereitet. Er ist derzeit Chef der Präsidentengarde und der Spezialeinheiten des Heeres.

Saleh hatte mit einer Erhöhung des Solds für die Soldaten, mit der Halbierung der Einkommensteuer und einer stärkeren Preiskontrolle durch die Behörden noch versucht, den wachsenden Spannungen entgegenzuwirken. Trotzdem gingen im Januar in Sanaa Zehntausende auf die Straße und forderten offen seinen Rücktritt, was bis vor Kurzen noch undenkbar gewesen wäre.

Saleh rief in seiner Rede die Opposition zu gemeinsamen Gesprächen über Reformen auf. Oppositionssprecher Mohammed al-Sabri wies dies zurück und äußerte Zweifel an Salehs Zusage, sich nicht um eine weitere Amtszeit zu bemühen. Ähnliches habe Saleh auch schon 2006 versprochen, aber dann nicht eingehalten, sagte al-Sabri.

Der Jemen ist das ärmste Land der arabischen Welt und gilt als Rückzugsgebiet für Kämpfer der Terrororganisation al-Qaida. Die Regierung kontrolliert kaum etwas außerhalb der Hauptstadt Sanaa. Die Opposition besteht aus linksgerichteten und islamischen Parteien. Zu ihnen gehören die Sozialisten, die im Südjemen regierten, bis der Süden und der Norden 1990 verschmolzen. Auch die islamische Partei Islah ist einflussreich. Einer ihrer Vorsitzenden, Sheik Abdul Madschid al-Sindani, gilt in den USA als Terrorist mit Verbindungen zur al-Qaida.

Im Jemen kam es in der Vergangenheit schon mehrfach zu Anschlägen vor allem auf amerikanische Einrichtungen. Der schwerwiegendste war der Bombenanschlag auf die "USS Cole" im Hafen von Aden im Jahr 2000, bei dem 17 US-Seeleute getötet wurden. Die Terrororganisation al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel soll auch hinter den versuchten Anschlägen auf ein amerikanisches Flugzeug stecken, das am Weihnachtstag 2009 in Detroit landete.

Mit Material von dpa