Staatschef Gbagbo klammert sich an sein Amt. Blutdiamanten könnten wieder einmal einen bewaffneten Konflikt in Afrika finanzieren

Hamburg. In der Elfenbeinküste wächst nach der jüngsten Eskalation des Machtkampfes die Angst vor einem Bürgerkrieg. Rund 20 000 Menschen sind bereits ins benachbarte Liberia geflohen. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat Generalsekretär Ban Ki-moon ermächtigt, weitere 500 Blauhelmsoldaten einzusetzen. Damit wächst das Uno-Kontingent auf 10 000 Mann. Zudem verlängerte das höchste Gremium der Vereinten Nationen das Mandat der Friedenstruppen um ein weiteres halbes Jahr.

Die Lage in der Elfenbeinküste hat sich weiter zugespitzt, nachdem ein Vermittlungsversuch der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas am Dienstag gescheitert war. Der amtierende Machthaber, Präsident Laurent Gbagbo, lehnte es ab, sein Amt an den mutmaßlichen Sieger der Präsidentenwahlen von Ende November, Alassane Ouattara, zu übergeben. Gbagbo weigert sich, das Ergebnis der Wahl anzuerkennen und spricht von Unregelmäßigkeiten. Dem vorläufigen Wahlergebnis nach hat Ouattara mit acht Prozentpunkten gewonnen. Die 27 Staaten der Europäischen Union einigten sich gestern darauf, künftig nur noch von Ouattara ernannte Botschafter zu akzeptieren. Das gab der Sprecher des französischen Außenministeriums, Bernard Valero, in Paris bekannt.

Die Präsidenten von Benin, Sierra Leone und der Kapverden hatten im Auftrag von Ecowas bei Gbagbo vorgesprochen und ihm offen gedroht, er riskiere eine Militärintervention seiner Nachbarn, falls er nicht freiwillig zurücktrete. Die drei Präsidenten reisten von Abidjan nach Abuja zum nigerianischen Präsidenten Goodluck Jonathan weiter, um sich mit ihm zu beraten.

Ouattara erklärte, das Präsidentenamt sei für ihn nicht verhandelbar. Bei gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern beider Lager sind bislang mehr als 170 Menschen ums Leben gekommen. Ein aufgepeitschter Mob hatte am Dienstag einen Uno-Konvoi angegriffen; ein Blauhelmsoldat wurde mit einer Machete verletzt. Laurent Gbagbo hat den Abzug der Uno gefordert, deren Truppen Ouattaras Hauptquartier in Abidjan sichert. Die USA und die EU haben Sanktionen gegen Gbagbo verhängt, die Afrikanische Union die Zusammenarbeit mit ihm ausgesetzt. Gbagbo kann sich derzeit noch auf die Regierungstruppen stützen, während Ouattara die ehemaligen Rebellen aus dem 2007 vertraglich beendeten Bürgerkrieg hinter sich weiß.

Der Staat Elfenbeinküste ist nach seinem früheren Exportgut benannt, dem "Weißen Gold". Heute ist das Land der größte Kakaobohnen-Exporteur der Welt und gehört auch zu den größten Kaffeeproduzenten. Doch ein ganz anderes Exportgut rückt wieder in den Focus: Diamanten. Anfang 2003 hatten sich die Diamantenindustrie und die exportierenden und importierenden Staaten auf Druck der Uno auf den sogenannten Kimberley-Prozess geeinigt. Über staatliche Herkunftszertifikate soll versucht werden, den Export von "Blutdiamanten" zu verhindern. So oder auch als "Konfliktdiamanten" werden die Edelsteine bezeichnet, wenn mit ihren Erlösen Kriege oder Bürgerkriege finanziert werden.

Der Israeli Boas Hirsch, noch bis Jahresende Präsident des Kimberley-Prozesses, sagte nun, die verfeindeten Lager in der Elfenbeinküste könnten sich im Falle eines Bürgerkriegs über Blutdiamanten finanzieren. Dies würde den Konflikt dann weiter anheizen. "Die einzigen Diamanten, die derzeit als Konfliktdiamanten eingestuft werden, stammen aus der Elfenbeinküste", sagte Hirsch. Im Jahre 2005 hatte die Uno ein Exportverbot für Diamanten aus der Elfenbeinküste verhängt, um den Rebellen ihre Finanzquelle zu nehmen. Blutdiamanten hatten die Konflikte unter anderem auch in Sierra Leone, im Kongo, in Liberia und eben in der Elfenbeinküste unterhalten. Wie Hirsch sagte, arbeiteten Experten derzeit an einem "geologischen Fingerabdruck", um Diamanten aus der Elfenbeinküste zweifelsfrei identifizieren zu können. Der Kimberley-Prozess erfasst 99 Prozent der weltweiten Diamantenförderung; ihm gehören 75 Staaten an.