WikiLeaks-Aktivist bleibt trotz Kautions-Urteils vorerst in Haft

London. Im juristischen Tauziehen um den Gründer der Internet-Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, hat die schwedische Justiz eine Freilassung zunächst verhindert. Ihre Vertreterin kündigte gestern vor einem Londoner Gericht Berufung gegen die Haftentlassung von Assange auf Kaution an, die ein britischer Richter beschlossen hatte. Der Australier bleibt deshalb vorerst weiter in Haft. Eine neue Anhörung zu der Berufung sollte binnen 48 Stunden stattfinden.

Der 39-jährige Assange war in der vergangenen Woche in der britischen Hauptstadt verhaftet worden. Die schwedische Justiz verlangt seine Auslieferung wegen gegen ihn erhobener Vergewaltigungsvorwürfe. Er bestreitet die Anschuldigungen.

Assanges britischer Anwalt Mark Stephens hatte gestern zwischenzeitlich vor Reportern fälschlicherweise mitgeteilt, Schweden werde nicht in Berufung gehen. Nach der Ankündigung des Einspruchs durch die für Schweden tätige Anwältin Gemma Lindfield zeigte er sich verärgert und sprach er von einem "Schauprozess". Die Nachricht von Assanges möglicher Haftentlassung war von Hunderten seiner Anhänger, darunter die Menschenrechtlerin Bianca Jagger, vor dem Gerichtsgebäude gefeiert worden. Stephens erklärte, dass sich zehn Prominente für seinen Mandanten verbürgt hätten. Der Entscheidung des Gerichts zufolge sollte bei einer Freilassung eine Kaution samt Sicherheitszahlung in Höhe von 240 000 Pfund (etwa 282 000 Euro) hinterlegt werden. Zudem sollte Assange eine elektronische Fußfessel zu seiner Überwachung tragen. Er dürfte nach den Auflagen den Landsitz eines mit WikiLeaks in Verbindung stehenden Medienklubs in Großbritannien nicht verlassen. Zuvor hatte sich Assanges Anwalt über die Haftbedingungen für seinen Mandanten beschwert. Assange dürfe seine Zelle nur für eine halbe Stunde am Tag verlassen und weder mit anderen Insassen Kontakt aufnehmen noch die Bücherei nutzen oder fernsehen.

Seine Anwälte halten die Vergewaltigungsvorwürfe aus Schweden für politisch motiviert. Anhänger befürchten eine Auslieferung des Australiers an die USA, wo ihm ein Verfahren wegen der umstrittenen Veröffentlichung von Geheimdepeschen der US-Diplomatie über WikiLeaks drohen könnte.

Kurz vor der erneuten Anhörung vor Gericht hatte Assange sich über seine Mutter zu Wort gemeldet. "Ich fordere die Welt auf, meine Arbeit und meine Leute vor diesen illegalen und unmoralischen Handlungen zu schützen", ließ er mit Blick auf die Vorwürfe sexueller Vergehen gegen ihn von seiner Mutter in einem Interview mit dem australischen Nachrichtensender 7 News mitteilen. "Wir wissen jetzt, dass Visa, Mastercard und PayPal Instrumente der US-Außenpolitik sind", wurde er von seiner Mutter zitiert. In den vergangenen Tagen hatten Unterstützer von WikiLeaks die Websites der Unternehmen angegriffen und zum Teil lahmgelegt.