Richard Holbrooke, der frühere US-Botschafter in Deutschland und Obamas Afghanistan-Beauftragter, starb im Alter von 69 Jahren

Hamburg. Wenn Richard dich um etwas bittet, sag einfach Ja. Falls du Nein sagst, wirst du doch irgendwann Ja sagen - aber der Weg dorthin wird dann sehr schmerzhaft sein." Diese Bemerkung des früheren amerikanischen Außenministers Henry Kissinger über Richard Holbrooke ist bezeichnend für die Qualitäten dieses außergewöhnlichen Diplomaten. Holbrooke ist im George Washington University Hospital in der US-Hauptstadt im Alter von 69 Jahren gestorben. Am Freitag war er während eines Gesprächs mit Außenministerin Hillary Clinton zusammengebrochen. Ärzte entdeckten eine gerissene Aorta. Selbst eine fast 21-stündige Notoperation am Sonnabend hat Holbrooke nicht mehr retten können.

Sein Tod reißt eine große Lücke in die von den WikiLeaks-Enthüllungen angeschlagene US-Diplomatie. Richard Holbrooke, der auch als Journalist arbeitete und als Investmentbanker reich wurde, war eine Mehrzweckwaffe mit oft erstaunlicher Durchschlagskraft. Den Deutschen ist er in Erinnerung aus seiner Zeit als US-Botschafter von 1993-94. US-Präsident Barack Obama würdigte Holbrooke als "wahren Giganten der amerikanischen Außenpolitik, der Amerika stärker, sicherer und respektierter" gemacht habe.

Holbrookes jüdische Mutter Trudi Moos stammte aus Stuttgart und war 1933 mit ihrer Familie vor den Nazis über Hamburg nach Buenos Aires und dann weiter in die USA geflohen. Sein ebenfalls jüdischer Vater Dan war Mediziner in New York City.

Es mag mit diesem familiären Hintergrund zu tun haben, dass Richard Holbrooke zeitlebens sehr allergisch auf Unterdrückung von Andersgläubigen reagierte. Seine brachiale Seite als "Bulldozer" machte ihn weltberühmt, als er im Bosnienkrieg den serbischen Gewaltherrscher Slobodan Milosevic zu einer Friedenskonferenz einbestellte. Milosevic, der zunächst gar nicht daran dachte, etwas zu unterzeichnen, blickte verdutzt, als Holbrooke zusammen mit einigen hohen Offizieren der US-Luftwaffe an den Tisch trat. "Wer sind die denn?", begehrte der Serbe zu wissen.

Holbrooke entgegnete kalt: "Diese Soldaten befehligen jene amerikanischen Luftstreitkräfte, die Sie bombardieren werden, wenn wir hier zu keiner Einigung kommen." Milosevic unterschrieb hastig; das Abkommen von Dayton von 1995 ist noch heute Grundlage des Friedens im früheren Jugoslawien. Der bärenhafte Holbrooke zog oft den Säbel dem Florett vor. "Als Stier im Porzellanladen" empfand ihn Nic Robertson, Holbrooke-Intimus und internationaler Chefkorrespondent des US-Senders CNN. "Wenn er einen Deal abschloss, ging das Geschirr meist in Scherben." Holbrooke sagte einmal, er habe "keine Bedenken, mit Leuten zu verhandeln, die unmoralische Dinge tun". Dies hat er oft tun müssen - zuletzt als Obamas Sonderbeauftragter für Afghanistan und Pakistan.

John Kornblum, als früherer US-Botschafter in Deutschland und ehemaliger amerikanischer Top-Diplomat ein Kollege Holbrookes, sagte dem Abendblatt gestern: "Er zeigte so vielen von uns, die mit ihm zusammenarbeiteten, wie eine einzelne Person mit einem unbeugsamen Willen tatsächlich Berge versetzen kann. Wir haben gebetet, dass dieser Funke der Überzeugung nach der Operation wieder aufleuchten werde. Und wir sind am Boden zerstört, dass er uns verlassen hat."