Auf der Weltklimakonferenz in Mexiko verbeißen sich die Unterhändler in endlosen Debatten. Fortschritte erzielen die Politiker nur inoffiziell

Cancún. Die Weltklimakonferenz im mexikanischen Cancún, die an diesem Wochenende Ergebnisse vorstellen soll, stellt das Vertrauen in die internationalen Klimaverhandlungen auf die Probe. Über mehrere Stunden verbeißen sich die Unterhändler in prozeduralen Fragen - auf einen Erfolg der Beratungen will kaum ein Teilnehmer wetten. Zu schwerfällig erscheinen vielen die Vereinten Nationen und ihr Zwang zur Einstimmigkeit trotz entgegengesetzter Interessen. Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) nutzt daher die Zeit, um neben den offiziellen Verhandlungen auch bilaterale Klimaschutzprojekte voranzutreiben.

Röttgen setzt damit fort, was Deutschland bereits mit dem Petersberger Dialog im Mai dieses Jahres begonnen hat: In informellen Gesprächen sollten Möglichkeiten für Zusammenarbeit im Bereich des Klimaschutzes ausgelotet werden. Am Ende des Petersberger Dialogs standen zumindest zwei neue Initiativen: So rief Deutschland gemeinsam mit Südafrika und Südkorea ein Projekt ins Leben, das Entwicklungsländer dabei unterstützen sollte, umwelt- und klimafreundliche Wachstumsstrategien zu entwickeln. Ein weiteres Projekt, hinter dem die USA stehen, sollte sich mit der Anpassung an den Klimaschutz befassen. Weitere Projekte wurden beraten. In Cancún trommelt der deutsche Umweltminister für den globalen Klimaschutzfonds, der im vergangenen Jahr ins Leben gerufen wurde. "Ich sehe den globalen Klimaschutzfonds als ein Musterbeispiel für den intelligenten Einsatz von nur begrenzt zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln", sagt Röttgen.

Verkünden kann er immerhin, dass sich Dänemark mit rund fünf Millionen Euro an dem Fonds beteiligen will. Insgesamt beläuft sich der Fonds auf rund 250 Millionen US-Dollar. Innerhalb von fünf Jahren sollen die Mittel möglichst auf 500 Millionen Dollar erhöht werden. Der neue Fonds fördert kleine und mittlere Unternehmen sowie private Haushalte in Entwicklungs- und Schwellenländern, die in Effizienz und erneuerbare Energien investieren.

Das Bundesumweltministerium und die KfW-Entwicklungsbank sagten zum offiziellen Start der Initiative zusammen Mittel in Höhe von mehr als 100 Millionen Dollar zu, der Bund beteiligte sich im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative mit 20 Millionen Euro (umgerechnet rund 28 Millionen US-Dollar).

Nur ein paar Stunden später stellt Röttgen in Cancún ein Projekt vor, mit dem ein Teil der deutschen Anschubfinanzierung umgesetzt werden sollte, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf der Weltklimakonferenz in Kopenhagen zugesagt hat. Der Umweltminister stellt zehn Millionen Euro in Aussicht, mit denen vor allem Projekte zur Anpassung an den Klimawandel in den Bergregionen von Uganda, Nepal und Peru gefördert werden sollen. Der Initiative gehören neben der Bundesregierung auch das Uno-Umweltprogramm Unep, die Weltnaturschutzunion (IUCN) und das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) an.

Währenddessen feilschen die Delegierten stundenlang über Verfahrensfragen. Manchem Teilnehmer scheint dabei beinahe der Geduldsfaden zu reißen. Zweifel an den Vereinten Nationen werden nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand geäußert. Offene Kritik wird laut: Zu schwerfällig sei das Prinzip der Einstimmigkeit, heißt es. Die EU-Klimakommissarin Connie Hedegaard erinnert in ihrer Rede vor dem Plenum daran, dass es einfach sei, die Probleme des Verfahrens zu sehen. "Aber es ist noch viel schwieriger, eine Alternative zu sehen, die mehr und schnellere Ergebnisse bringt." Unep-Chef Achim Steiner spricht derweil von zwei Gipfeln: Derjenige der Unterhändler, die auf einen umfassenden Rahmen für eine weltweite Klimapolitik hinarbeiten, und derjenige der Aktivisten. Überraschend sei, dass Aktionen und Initiativen seit Kopenhagen noch einmal an Fahrt gewonnen hätten, sagt Steiner. "Unser Ziel bei Unep ist es, auf eine gewisse Weise Teil einer Gemeinschaft zu sein, die bereits jetzt schon handelt - auf der Grundlage der Möglichkeiten, die es heute gibt."

"Wir machen hier die Erfahrung, dass es nur sehr langsam vorangeht", sagt Röttgen. Daher sei es umso wichtiger, dass es jenseits der Verhandlungen Fortschritte gebe. Doch der CDU-Politiker legt Wert darauf, dass es bei den Projekten nicht um einen Gegenentwurf zu den offiziellen Verhandlungen geht. "Ich bin sehr überzeugt von der Notwendigkeit bilateraler, multilateraler Aktionen und Engagements. Aber sie sind eben nicht die Alternative." Auch sollten damit keine regionalen Projekte verdrängt werden, sagt der Umweltminister. Verhandlungen seien unabweisbar wichtig - aber Handeln genauso unabweisbar wichtig. Und darum sei es komplementär und keine Alternative.