Washington. Im gewaltigen Verteidigungsapparat der USA war Bradley Manning nur einer von vielen: ein unauffälliger junger Obergefreiter mit Zuständigkeit für nachrichtendienstliche Analyse. Die enormen Vorwürfe, die gegen ihn erhoben werden, stehen in Gegensatz zu seiner bescheidenen Stellung: Der inzwischen 23-jährige Manning soll der Internetplattform WikiLeaks jene Dokumente zugespielt haben, welche die US-Regierung immer wieder in Bedrängnis bringen. Im Mai wurde Manning auf seinem Stützpunkt in der Nähe von Bagdad festgenommen, derzeit sitzt er in einem US-Militärgefängnis nahe Washington ein. Bei einer Verurteilung drohen ihm mehr als 50 Jahre Haft wegen Verrats. Manning sitzt hinter Gittern, weil er selbst verraten worden war: Er hatte sich im Internet-Chat mit dem Blogger Adrian Lamo als Quelle der WikiLeaks-Dokumente zu erkennen gegeben. Der Blogger hatte die Behörden informiert.

Im Sommer hatte WikiLeaks mit der Veröffentlichung von internen US-Dokumenten zu den Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan Furore gemacht. Unter anderem zeigte ein Video, wie US-Hubschrauberpiloten im Jahr 2007 in Bagdad Jagd auf Zivilisten gemacht und zwölf Menschen grundlos erschossen haben. Gegen die Schützen wurde kein Verfahren eingeleitet. Zu ihrer Verteidigung gehörte der nicht nachprüfbare Hinweis, auf Fotos seien Maschinengewehre und Granaten neben den Getöteten zu erkennen.