Diktator Kim Jong-il soll Beschuss selbst befohlen haben

Seoul. Nordkorea setzt seinen Konfrontationskurs fort: Zwei Tage nach dem Artilleriebeschuss der südkoreanischen Insel Yeonpyeong drohte das kommunistische Regime dem verfeindeten Süden gestern, es erneut ins Visier zu nehmen. "Nordkorea wird, ohne zu zögern, eine zweite oder sogar eine dritte Runde von Angriffen starten, sollten die Kriegstreiber in Südkorea wieder rücksichtslos provozieren", erklärte das Militär in Pjöngjang am Donnerstag über die amtliche Nachrichtenagentur KCNA. China, von dem sich der Westen eine Vermittlerrolle erhofft, zeigte sich über ein geplantes Militärmanöver der USA mit Südkorea besorgt. Nordkorea beschuldigte die USA, die Eskalation des Konflikts mitzuverantworten. Eine Entspannung auf der Halbinsel könne es nur geben, wenn die USA ihre Schutzrolle für Südkorea aufgäben.

Unterdessen berichteten Medien, der nordkoreanische Machthaber Kim Jong-il und sein als Nachfolger gehandelter Sohn Jong-un hätten wenige Stunden vor dem Beschuss einer südkoreanischen Insel die Militärbasis besucht, von der der tödliche Angriff ausgegangen war. Die Attacke, die vier Tote gefordert hatte, sei wahrscheinlich von Kim Jong-il persönlich befohlen worden, schrieb die südkoreanische Zeitung "Joongang" gestern unter Berufung auf Regierungskreise. Eine offizielle Stellungnahme dazu lag nicht vor. Südkoreanische Medien meldeten zudem, Vater und Sohn hätten den zuständigen General Kim Kyok-sik kurz vor dem Angriff getroffen. Andere Medien berichteten, es werde nun versucht herauszufinden, ob der Besuch in unmittelbarem Zusammenhang mit dem späteren Beschuss gestanden habe. "Joongang" zitierte eine Person mit den Worten, die Berichte legten den Eindruck nahe, dass der Artillerieschlag minutiös geplant gewesen sei. Nordkoreanisches Militär hatte nach dem Beschuss angegeben, zuvor vom Süden angegriffen worden zu sein.

Südkorea kündigte als Reaktion auf den Angriff des Nordens an, seine Streitkräfte auf den Inseln an der Grenze zu verstärken. Das Präsidialamt will den zuvor gefassten Plan für einen Soldatenabzug aufgeben. In Seoul erklärte Verteidigungsminister Kim Tae-young seinen Rücktritt. Opposition und Teile der Regierungspartei hatten kritisiert, die südkoreanische Reaktion auf den nordkoreanischen Artilleriebeschuss habe zu lange auf sich warten lassen. Einem Kapitän zur See zufolge dauerte es 13 Minuten, bis südkoreanische Soldaten den Angriff erwiderten.