Benedikt XVI. vollzieht im Kampf gegen Aids eine Wende. 24 neue Kardinäle ernannt

Vatikanstadt. Die katholische Kirche lockert offenbar ihr striktes Kondomverbot. Nach den Worten von Papst Benedikt XVI. kann es berechtigte Einzelfälle geben, in denen die Benutzung eines Präservativs moralisch hinnehmbar sei, etwa um die Gefahr einer Aids-Ansteckung zu senken. In einem solchen Fall könne der Kondomgebrauch ein erster Schritt sein "hin zu einer Moralisierung" und "ein erster Schritt sein auf dem Weg hin zu einer anders gelebten, menschlicheren Sexualität". Das schreibt die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" in einem Bericht über das Interview-Buch des Papstes mit dem deutschen Publizisten Peter Seewald ("Licht der Welt"). Das Buch wird morgen im Vatikan vorgestellt.

Benedikt XVI. fordert darin eine "Humanisierung" der Sexualität. "Sich auf Kondome zu konzentrieren bedeutet eine Banalisierung der Sexualität", wird der Papst zitiert. "Diese Banalisierung ist genau die gefährliche Ursache für viele Personen, die Sexualität nicht mehr als Ausdruck ihrer Liebe zu sehen, sondern nur noch als eine Art Droge, die sie sich selbst verabreichen." Die Kirche sehe die Verwendung von Kondomen "natürlich nicht als wirkliche und moralische Lösung an". Ein begründeter Einzelfall für eine Ausnahme könne aber etwa sein, dass Prostituierte ein Kondom verwenden. Bislang vertrat die katholische Kirche die Position, dass auch zur Vorbeugung von Aids Kondome nicht genutzt werden dürften.

Der Papst ernannte zudem 24 neue Kardinäle, darunter auch den Münchner Erzbischof Reinhard Marx und den Kirchenhistoriker Walter Brandmüller. Unterdessen hat der homosexuelle katholische Theologe David Berger der katholischen Kirche Diskriminierung von Homosexuellen vorgeworfen. Ein großer Teil der katholischen Kleriker und Priesteranwärter sei "homosexuell veranlagt", sagte Berger dem "Spiegel". Er selbst habe viele Jahre unter einer "schwulenfeindlichen" Atmosphäre seiner Kirche wie unter einem Albtraum gelitten.