Putin-Vertrauter bald drittmächtigster Mann des Landes

Moskau. Mit seiner ruhigen, überlegten Art und seinem silbergrauen, gepflegt nach hinten gekämmten Schopf könnte Sergej Sobjanin nahezu jeden Regierungs- oder Konzernposten schmücken. Und viele hat der jetzt von Präsident Dmitri Medwedew zum neuen Moskauer Bürgermeister ernannte Mann aus Sibirien bereits bekleidet. Der Zufall wollte es, dass Sobjanins politische Karriere auch mit einem Bürgermeisteramt begann. Bereits im Alter von 32 Jahren übernahm er die Stadtverwaltung in Kogalym im autonomen Kreis der Chanten und Mansen.

Aus dem Chantischen übersetzt lautet die Stadtbezeichnung "Sumpf" oder "verlorener Ort". Beides warf keinen Schatten auf die Karriere des 1958 als Sohn des Ural-Kosaken Semjon Sobjanin geborenen Sergej. Vielmehr stieg der ehemalige Funktionär der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol in den 90er-Jahren unter Präsident Jelzin zügig auf. 1993 wurde er erster stellvertretender Chef der Administration des autonomen Kreises Chanty-Manssijsk, ein Jahr darauf Parlamentschef des Kreises. Chanty-Manssijsk nimmt wegen seiner Gasvorräte eine gewichtige Sonderstellung unter den russischen Regionen ein. 2001 wurde er zum Gouverneur der Erdöl-Region Tjumen gewählt. Nach seinem Beitritt zur Putin-Partei Geeintes Russland ereilte Sobjanin 2005 der Ruf aus Moskau. Präsident Putin machte den erfolgreichen Regionalfürsten zum Chef der Präsidentenadministration, wo er den jetzigen Kremlchef Dmitri Medwedew ablöste.

Mit seiner "Wahl" zum Bürgermeister wird Sobjanin nun de facto zum drittmächtigsten Mann im Lande. Er wird dann einer Stadt vorstehen, in deren Großraum zwischen 14 und 15 Millionen Menschen leben. Etwa ein Viertel der russischen Wirtschaftskraft und 70 Prozent der Finanzen sind hier konzentriert. Er ist ein Vertrauter des Regierungschefs, dem nachgesagt wird, er wolle in Absprache mit Medwedew 2012 erneut in den Kreml einrücken.

Sobjanin sieht sich einem gewaltigen Problemberg gegenüber. Er soll den Augiasstall der Korruption ausmisten, den sein geschasster Vorgänger Jurij Luschkow nach 18 Amtsjahren hinterlassen hat. Er soll sich den brennenden sozialen Problemen widmen. Gleichzeitig hat Moskau mit seinen 100 Nationalitäten ein von Rechtsextremen angeheiztes Migrationsproblem.