Brüssel. Den ganzen Sommer über hat Anders Fogh Rasmussen über einem Dokument gebrütet: dem neuen Strategischen Konzept der Nato. Im Mai legte eine Expertengruppe unter Leitung der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright dem Nato-Generalsekretär einen ersten Entwurf vor. Seither hat der Däne unter größter Geheimhaltung im Brüsseler Hauptquartier an jedem Punkt gefeilt, damit der Nato-Gipfel Mitte November elf Jahre nach dem letzten Konzept ein neues auf den Weg bringt. Am kommenden Donnerstag beraten die Außen- und Verteidigungsminister der Nato in Brüssel ein letztes Mal vor dem Treffen in Lissabon über das Konzept.

Doch während über den größten Teil schon jetzt Einvernehmlichkeit herrscht, sorgt die Formulierung eines Punktes für Unruhe: die künftige Nuklearpolitik der Allianz. "Über diese Frage wird mit absoluter Sicherheit bis ganz zum Schluss gefeilscht", sagt ein hoher, mit dem Papier vertrauter Nato-Diplomat. Der Grund: Die Interessen der beiden Gründernationen Deutschland und Frankreich stehen sich unvereinbar gegenüber.

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) hat den Abzug der schätzungsweise 20 seit dem Kalten Krieg in Deutschland gelagerten Atomsprengköpfe zu seinem Projekt gemacht. Die Regierung von Nicolas Sarkozy jedoch lehnt jede Einmischung in ihre Atompolitik strikt ab. In Paris herrscht in dieser Frage Wagenburgmentalität.