Sie will Popularität ihres Vorgängers Lula nutzen

São Paulo. Dilma Rousseff hat gute Chancen, als erste Präsidentin Brasiliens in die Geschichte des Landes einzugehen. Umfragen sehen die Favoritin von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva bei der Wahl am Sonntag deutlich vor ihrem konservativen Herausforderer José Serra. Ihr Erfolgsrezept ist einfach und trägt einen kurzen Namen: Lula. Sie will seine Politik fortsetzen und präsentiert sich vor allem als würdige Treuhänderin seines Erbes. Doch die Frage lautet: Schafft Rousseff es im ersten Wahlgang, oder muss sie sich einer Stichwahl stellen?

Letzte Umfragen prophezeien der Tochter eines bulgarischen Einwanderers über 50 Prozent der gültigen Wählerstimmen und damit über 20 Prozentpunkte mehr als Serra, dem Ex-Gouverneur von São Paulo. Wenn es knapp würde, läge es an Marina Silva, Lulas früherer Umweltministerin. Die tritt für die Grünen an und legte einen beachtlichen Wahlkampf hin, der ihr bis zu 16 Prozent der gültigen Stimmen bescheren könnte. Vereint könnte es dem ungleichen Duo Serra/Silva gelingen, einen zweiten Wahlgang zu erzwingen. Die Stichwahl wäre in diesem Fall am 31. Oktober.

In Brasilien besteht Wahlpflicht. Nicht nur der Präsident wird neu bestimmt. Gewählt werden auch alle 513 Abgeordneten des Bundesparlaments, 54 von 81 Senatoren, alle Gouverneure der 26 Bundesstaaten und des Hauptstadt-Distrikts Brasília und alle Regionalparlamente. Viele werden mit einer ungewohnten Situation konfrontiert: Erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten steht Lula nicht mehr als Kandidat zur Wahl. Seit 1989 trat er fünfmal an, davon zweimal - 2002 und 2006 - erfolgreich. Eine dritte Amtsperiode lässt die Verfassung nicht zu. Auch wenn Lula als Kandidat fehlt, als Wahlkämpfer war er omnipräsent. Es geht um sein Erbe, und das soll "Dilma" verwalten. Beide kennen sich aus langen Jahren gemeinsamer Regierungsarbeit.