Zum Abschluss der Konferenz starten die Vereinten Nationen eine Kampagne für Frauen und Kinder. Doch es droht ein Scheitern der Millenniumsziele

Hamburg/New York. Ban Ki-moon tat drei Tage lang vor allem eines: Er mahnte - und sprach vom Elend in Afrika, von der Verantwortung der Reichen und den Anstrengungen der Vereinten Nationen im Kampf gegen die Armut. Das ist seine Rolle als Generalsekretär der Vereinten Nationen. Das ist die Aufgabe des 66 Jahre alte Südkoreaners während des Uno-Gipfels in New York. Ban war wie immer höflich, auch als er der Welt ins Gewissen redete. Und er lobte die Fortschritte beim Kampf gegen Hunger. Zum Ende der Konferenz teilte Ban mit, dass die Uno mit einer milliardenschweren Kampagne bis zum Jahr 2015 das Leben von 16 Millionen Müttern und Kindern retten will. 40 Milliarden Dollar (rund 30 Milliarden Euro) sollen dafür zur Verfügung gestellt werden.

Ban Ki-moon ist nicht der einzige Politiker mit erhobenem Zeigefinger in New York. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) rief die internationale Gemeinschaft zu konkreten Abrüstungsschritten auf. Im vergangenen Jahrzehnt hätten die Bemühungen um eine Verkleinerung des weltweiten Waffenarsenals stagniert, kritisierte er. Deutschland wolle sich dafür einsetzen, dass nun "ein Jahrzehnt der Abrüstung" anbreche. Als einer der letzten Politiker sollte US-Präsident Barack Obama eine Rede halten.

Es sind wuchtige Worte Bans, Merkels und Westerwelles, die aus dem durch Sperrgitter und Sicherheitskräften abgeschotteten Uno-Hauptquartier am East River nach außen dringen. Aus all den Stimmen lässt sich jedoch ein gemeinsamer alarmierender Ton heraushören: Geht es so weiter, werden nicht alle der im Jahr 2000 verabschiedeten Millenniumsziele erreicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte es am Vorabend in ihrer Rede in New York eingeräumt. Bis 2015 soll die Zahl der Armen und Hungernden halbiert werden im Vergleich zu 1990. Alle Kinder sollen die Grundschule besuchen, Frauen und Männer gleiche Rechte haben. Dies sind nur einige der acht Entwicklungsziele. Der Armutsgipfel hat zwar viele Versprechen, aber keine finanziellen Zusagen hervorgebracht. Die Delegierten aus fast allen der 192 Mitgliedstaaten nahmen ein Abschlusspapier zur Kenntnis, das die sogenannten Millenniumsziele weiter als Ziel der Weltgemeinschaft nennt. Finanzielle Verpflichtungen finden sich allerdings in den gut 30 Seiten nicht.

Entwicklungshilfeorganisationen ziehen eine negative Bilanz des Uno-Armutsgipfels in New York. Der Evangelische Entwicklungsdienst (EED) bemängelte, dass für die Bundesrepublik das Ziel in weite Ferne gerückt sei, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Entwicklungsziele einzusetzen. Dagegen hätten Länder wie Frankreich und Spanien trotz Finanzkrise ihre Entwicklungshilfe erhöht.

Das drohende Scheitern der Millenniumsziele zeigt vor allem eines: Ohne Geld geht gar nichts. Als "Taschenspielerei" und "Trickserei" haben Vertreter von Hilfsorganisationen dann auch den Vorschlag von Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) kritisiert, private Spenden auf die öffentliche Entwicklungshilfe anzurechnen. "Am Ende des Gipfels steht mal wieder nur heiße Luft", sagt der Wirtschaftswissenschaftler Markus Loewe vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Bonn dem Hamburger Abendblatt. Das Ergebnis sei noch ernüchternder als beim Gipfel vor fünf Jahren. "Bei den Themen wie menschenwürdige Arbeit oder auch nicht diskriminierendes internationales Handels- und Finanzsystem hätten diesmal klare Zielvorgaben gemacht werden müssen", sagt Loewe. Zudem übte er scharfe Kritik am Generalsekretär. Anders als sein Vorgänger Kofi Annan führe Ban die Vereinten Nationen "nur schwach und habe keine Visionen", sagte Loewe. Allerdings sei die Uno immer nur so stark wie ihre 192 Mitgliedstaaten.

Dass vor allem die Geberstaaten jetzt am Zug seien, ihren Versprechen auch Taten folgen zu lassen, bekräftigt auch Thilo Hoppe. Als Entwicklungspolitiker der Grünen war auch er auf dem Gipfel in New York. "Das Abschlussdokument enthält durchaus konkrete Empfehlungen, beispielsweise beim Aufbau von Beratungseinrichtungen für Bauern in Entwicklungsländern", sagte Hoppe dem Abendblatt. Und doch komme es jetzt darauf an, diese Pläne finanziell zu unterstützen. Hoppe mahnt klare Defizite bei der Bundesregierung an: "Die Rede der Kanzlerin in New York war gut, aber sie wird nicht mit Fakten und Zahlen durch die schwarz-gelbe Regierung untermauert", so Hoppe. "Allein im Jahr 2011 liegen zwischen Anspruch und Wirklichkeit des Entwicklungshilfeetats vier Milliarden Euro."

Holger Haibach, entwicklungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, kritisierte, dass noch nicht alle Geberstaaten ihre Zusagen eingehalten hätten. Mit der Erfüllung der Finanzhilfen sei es aber nicht getan. "Es wird in Zukunft auch darauf ankommen, dass die Entwicklungsländer effektiver mit dem Geld der Industriestaaten arbeiten", sagte Haibach dem Abendblatt.