Katholische Bewegung will Jesus Christus als “König von Polen“ einsetzen

Warschau. Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Als schwedische, russische und brandenburgische Truppen Polen besetzt hielten, als das berühmte Kloster in Tschenstochau nur mit Mühe verteidigt werden konnte, erklärte König Johann Kasimir die Mutter Gottes zur "Königin Polens". Das war 1656. Am vorigen Sonntag zog eine Demonstration durch Warschau, die ebenfalls eine außergewöhnliche Forderung stellte: Jesus Christus solle formell "als König von Polen inthronisiert werden".

Betend, singend, Fahnen und Bilder eines gekrönten Christus schwenkend zogen mindestens tausend Teilnehmer vom Parlament zum Präsidentenpalast. Auch die blaue EU-Fahne war zu sehen, allerdings mit der Jungfrau Maria inmitten der Sterne. Was historisch korrekt ist: Die Sterne der EU hatten die Gründerväter der Gemeinschaft dem Sternenkranz der Gottesmutter entliehen. Allerdings verbanden diese Demonstranten mit Brüssel vor allem die "Beschneidung von Polens Souveränität" und den Niedergang der Industrie des Landes.

Nicht zufällig heißt die katholische Bewegung, die den Marsch organisierte, "Bewegung der Souveränität des polnischen Volkes". Sie beruft sich auf die Krankenschwester Rozalia Celakowna (1901-1944), die sich in Krakau um Prostituierte kümmerte und Ende der 30er-Jahre Visionen hatte. Demnach sollten Polen und nach ihm andere Nationen Abbitte leisten für ihre Sünden, indem sie Jesus Christus zum König erklärten. Andernfalls werde es zu einem schrecklichen Krieg kommen, so ihre Prophezeiung. 2006 verabschiedeten 46 Abgeordnete des polnischen Parlaments tatsächlich eine Resolution, in der sie die Inthronisierung Christi zum König von Polen forderten. Die Amtskirche und auch die Verehrer des im April beim Flugzeugabsturz in Russland ums Leben gekommenen Präsidenten Lech Kaczynski gehen jedoch auf Distanz zu den Anhängern des "Königs von Polen". Das wird Letztere wohl nicht daran hindern, weiter die Inthronisierung Christi zu fordern.

Wer wissen möchte, wie sie vonstatten gehen soll, findet mehr unter www.intronizacja.pl - "Die Inthronisierung Christi - worum geht es dabei?" Bisher hat zumindest die Seligsprechung der Schwester Rozalia Fortschritte gemacht: Das kirchliche Verfahren hat die erste Etappe hinter sich, die Akten liegen jetzt im Vatikan.