Bürgermeister Luschkow hat Präsident Medwedew gegen sich aufgebracht

Moskau. Jelena Baturina zeigt die Zähne. Die Gattin des mächtigen Moskauer Bürgermeisters Juri Luschkow wird vor Gericht ziehen, um ihre "Ehre, Würde und geschäftliche Reputation" zu verteidigen, teilte ein Pressesprecher ihrer Bau- und Immobilienfirma Inteko mit. Das Ansehen der Bürgermeister-Gattin soll durch die Ausstrahlung kompromittierender Sendungen im staatlichen oder staatsnahen russischen Fernsehen über ihr Geschäftsgebaren angeblich großen Schaden genommen haben.

Auch das Bürgermeisteramt selbst, so wurde ebenfalls gestern bekannt, bereitet Klagen gegen die Sender vor, die Ende der vergangenen Woche die vermeintlich vom Kreml inspirierten Sendungen ausgestrahlt haben. Dem 74-jährigen Luschkow und seiner 27 Jahre jüngeren Gattin, die als reichste Frau Russlands gilt, wurde darin unter anderem vorgeworfen, das Baturina-Imperium - laut Forbes-Liste 2,9 Milliarden Dollar schwer - sei nur im engen Zusammenspiel zwischen dem politischen Amt Luschkows und dem Unternehmen seiner Ehefrau entstanden.

Neu sind diese Vorwürfe nicht. Ähnliches hatten schon viele Medien berichtet. Die vom Bürgermeister dirigierten Moskauer Gerichte entschieden regelmäßig im Sinne der Baturina. Dieses Mal ist die Ausgangslage eine andere. Erstmals seit den Neunzigerjahren griffen Staatssender einen hochrangigen russischen Politiker an.

Hinter dem Streit verbirgt sich offenbar ein Konflikt zwischen dem Bürgermeister und Präsident Dmitri Medwedew, der Luschkow lieber heute als morgen loswerden möchte. Er hat sich mit dem Präsidenten angelegt und indirekt Premierminister Wladimir Putin mit in diese Auseinandersetzung um Macht und Geld hineingezogen. In jüngster Zeit hatte es immer wieder, wenn auch wenig überzeugend, Medienberichte über eine angebliche Konkurrenz zwischen Putin und Medwedew vor der Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2012 gegeben. Nun äußerte auch noch der sehr einflussreiche Moskauer Bürgermeister Zweifel an der Funktionsfähigkeit des offiziell so hoch gelobten Tandems und ergriff Partei für Putin. Ein Sakrileg.

Schon einen Tag später flimmerte der erste von mehreren Anti-Luschkow-Filmen über die Bildschirme. Die logische Folge wäre eigentlich die Entlassung des Bürgermeisters, andernfalls würde der Kremlchef die Führungsschwäche zeigen, die ihm allenthalben nachgesagt wird. Feuert er Luschkow, würde Medwedew allerdings mit seinem Premier zusammenstoßen. Luschkow ist Führungsmitglied in der Partei Geeintes Russland, und deren Vorsitzender heißt Wladimir Putin.