Im Gegenzug soll in New York geplante Moschee nicht am Ground Zero errichtet werden

Washington. Er hatte die Welt in Aufruhr versetzt. Gestern am späten Abend (MESZ) sagte der umstrittene US-Pastor Terry Jones aus Florida die geplante Koran-Verbrennung zum neunten Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September ab. Seine Gemeinde habe gebetet und ein Zeichen Gottes erhalten, diese Entscheidung so zu fällen, sagte Jones dem TV-Sender CNN. Seine Entscheidung hänge auch damit zusammen, dass die geplante umstrittene Moschee am Ground Zero in New York nun an einem anderen Ort errichtet werde. Das habe er in einem Gespräch mit Muhammad Musri, dem Präsidenten der islamischen Gesellschaft von Zentral-Florida, besprochen. Musri bestätigte die Angaben.

Jones, Chef einer kleinen evangelikalen Sekte mir nur knapp 50 Mitgliedern, sagte weiter, er werde am Sonnabend nach New York fliegen, um mit dem Imam Feisal Abdul Rauf dort über die Moschee zu sprechen. "Wir fühlten, dass das ein Zeichen ist, das Gott von uns wollte. Das amerikanische Volk will keine Moschee dort, und natürlich wollen die Muslime nicht, dass wir den Koran verbrennen", sagte Jones. Vonseiten des New Yorkers Imams hieß es dazu bisher nur, dass er von einer Verlegung der Moschee nichts wisse. Noch am Vortag hatte Rauf es abgelehnt, die Pläne zum Bau der Moschee nur zwei Blocks von Ground Zero entfernt aufzugeben. Dort waren vor neun Jahren die Zwillingstürme des World Trade Centers von islamistischen Terroristen zum Einsturz gebracht worden - 2752 Menschen wurden dabei getötet.

Die große Mehrheit der Amerikaner lehnt den Bau in der Nähe von Ground Zero laut Umfragen ab. Der Plan des Pastors, mit seiner Gruppe vor dem Gemeindehaus in Gainesville rund 200 Ausgaben des Korans zu verbrennen, hatte die US-Regierung zunehmend alarmiert. Erstmals hatte sich Präsident Barack Obama mit einer Warnung persönlich eingeschaltet. Er appellierte an Jones, auf den "zerstörerischen Akt" zu verzichten. Obama warnte zugleich, die Aktion könne "schwerwiegende Gewalt" in Pakistan und Afghanistan auslösen. Das Außenministerium hatte US-Bürger in aller Welt vor anti-amerikanischen Demonstrationen gewarnt. Auch die internationale Polizei Interpol befürchtete gewalttätige Reaktionen. Die Wahrscheinlichkeit sei hoch, dass es nach der Verbrennung zu Anschlägen auf unschuldige Menschen komme, hieß es in einer Warnung an alle 188 Mitgliedstaaten. Viele islamische Länder hatten Washington aufgerufen, den fundamentalistischen evangelikalen Pastor und seine Handvoll Anhänger zu stoppen.

Auch der afghanische Präsident Hamid Karsai hatte eindringlich vor den Folgen gewarnt. Den Behörden in den USA waren jedoch wegen des in der Verfassung verankerten Rechts auf freie Meinungsäußerung praktisch die Hände gebunden. Jones hatte mehrfach erklärt, ein Einlenken komme für ihn nur infrage, wenn Gott ihm ein Signal sende. Er werde seinen Plan aber auch überdenken, wenn das Weiße Haus Kontakt zu ihm aufnehmen würde, hatte er in den vergangenen Tagen betont. Obama sagte in einem Interview des Senders ABC, das Vorhaben verletze das in den USA hochgehaltene Prinzip der religiösen Toleranz und widerspreche "unseren Werten als Amerikaner". "Ich möchte, dass er begreift, dass diese Nummer, die er da abziehen will, unsere jungen Männer und Frauen in Uniform in höchstem Maß in Gefahr bringen könnte, die im Irak sind und in Afghanistan", sagte Obama an die Adresse von Jones.

Der Kommandeur der US-Truppen in Afghanistan, General David Petraeus, warnte, die Aktion könnte für das Ansehen der USA ähnliche gravierende Folgen haben wie der Folterskandal im US-Gefängnis von Abu Ghraib 2004. Die zu erwartenden Bilder brennender Korane "wären ein Propaganda-Geschenk" für anti-amerikanische Extremisten.

Der Kommandeur der deutschen Truppen in Afghanistan, Brigadegeneral Hans-Werner Fritz, warnte gegenüber "Spiegel Online" vor Racheakten auch an Bundeswehrangehörigen. "Ich kann mir nur wünschen, dass die Geschichte nicht stattfindet, denn sie würde einer aufgehetzten Bevölkerung und den Radikalen Anlass zur Gewalt gegen alle Isaf-Truppen, auch gegen die Deutschen in Nordafghanistan, geben", sagte der General.

US-Außenministerin Hillary Clinton: "Wir sind ein Volk von 310 Millionen. Es ist bedauerlich, dass ein Pastor einer Kirche von kaum 50 Leuten diesen empörenden und bestürzenden Plan aushecken kann und die Aufmerksamkeit der Welt bekommt."