Berlin. Die Internetwirtschaft wehrt sich gegen die Pläne der EU-Kommission zur europaweiten Sperrung von Internetseiten mit Kinderpornografie. Zur Begründung verwies der Interessenverband Eco gestern in Berlin auf die Erfolge mit dem Löschen entsprechender Seiten. Demnach konnten im ersten Halbjahr von 197 gemeldeten Kinderporno-Seiten innerhalb einer Woche auf Betreiben des Verbandes 194 Seiten abgeschaltet werden. Die aus Brüssel geforderte Zugangserschwerung sei unnötig, hieß es.

Auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ist gegen die Pläne von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, die die Mitgliedstaaten per Richtlinie zur Sperrung verpflichten will. "Die Ministerin lehnt das ab", sagte ein Sprecher.

Die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD hatte noch das Zugangserschwerungsgesetz zur Bekämpfung von Kinderpornografie im Netz auf den Weg gebracht. Dieses sieht ebenfalls eine Sperrung für die Internetangebote vor, bei denen eine Löschung nicht möglich wäre. Schwarz-Gelb setzte das Gesetz nach der Wahl außer Kraft. Die Aussetzung laufe "mindestens noch bis Ende Februar", erklärte der Sprecher.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hingegen setzte sich erneut für Internetsperren ein. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich die Mehrzahl der Nutzer über das World Wide Web den ersten Zugang zu den jeweils gewünschten Inhalten erschließt", sagte Ziercke der "Welt". Rund 1500 Hinweise pro Jahr auf Internetseiten mit bis zu 1000 kinderpornografischen Bildern seien eindeutig. "Internetsperren können Tätergewinne durch rückläufige Kundenzahlen reduzieren und die Traumatisierung der dargestellten Opfer verhindern", fügte der BKA-Chef hinzu.