Ein Sonderparteitag im September soll Kim Jong-un als Kronprinzen installieren

Hamburg/Seoul. Der 8. Januar ist ein Feiertag in Nordkorea. Damit sind bestimmte Rituale an diesem Tag vorgeschrieben - wie das Schwören von Eiden und das Singen spezieller Lieder. Die stets sorgfältig geprobten Feierlichkeiten gelten einem jungen Mann, dessen Namen außerhalb Nordkoreas kaum jemand kennt - dem vermutlich 28-jährigen Kim Jong-un.

Er ist der dritte Sohn des nordkoreanischen Diktators und "Geliebten Führers" Kim Jong-il und dessen dritter Frau, der japanischstämmigen Ko Jong-hi, die vermutlich vor sechs Jahren an Brustkrebs starb.

Kim Jong-un steht im Mittelpunkt von Spekulationen über eine dynastische Erbregelung in der bizarren altstalinistischen Despotie. Denn das mächtige Politbüro des Zentralkomitees hat überraschend für September eine Sitzung der wichtigsten Parteidelegierten "für die Wahl ihres höchsten Führungsgremiums" einberufen. Ein derartiger Sonder-Parteikongress fand das letzte Mal 1966 statt. Es wird damit gerechnet, dass die Partei Kim Jong-un in das Politbüro aufnimmt. Ob er aber bereits offiziell als Nachfolger seines erkrankten Vaters ausgerufen wird, ist unsicher. Möglicherweise wird dies erst 2012 der Fall sein. In dieses Jahr fällt der 100. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung - Kim Jong-ils Vater -, der immer noch als "Großer Führer" verehrt wird. Die Führung des bitterarmen Staates, der aber mehr als eine Million Soldaten unter Waffen hält und vermutlich Atomwaffen besitzt, hat sich die "heilige revolutionäre Aufgabe" gestellt, bis 2012 eine "wohlhabende und machtvolle Nation" aufzubauen, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA verkündete. Kim Jong-ils Gesundheit soll spätestens seit einem Schlaganfall vor zwei Jahren, von dem er sich nie ganz erholte, schwer angeschlagen sein.

Südkoreas Geheimdienstchef Wen Sei-hoon hatte vor wenigen Tagen vor Parlamentsabgeordneten in Seoul enthüllt, dass in Nordkorea bereits eine groß angelegte Kampagne angelaufen sei, um Kim Jong-un besser im Bewusstsein der Bevölkerung Nordkoreas zu verankern. Das Leben Kim Jong-uns ist, wie das der gesamten Despoten-Familie, von Geheimnissen umgeben. Der junge Mann soll von 1996-1998 die private Internationale Schule im schweizerischen Gümlingen am Rand der Hauptstadt Bern und danach weitere zwei Jahre die Volksschule im benachbarten Köniz besucht haben. Kim Jong-un, der unter dem Namen Pak-un als Sohn eines Mitarbeiters der nur zehn Kilometer entfernt liegenden nordkoreanischen Botschaft geführt wurde, lernte dort Deutsch, Englisch und Französisch. Er soll sich nach Mitteilung von Klassenkameraden und Lehrern für Basketball, Comic-Zeichnen sowie den belgischen Karate-Filmstar Jean-Claude van Damme interessiert haben. Seiner damaligen Lehrerin Simone Kuhn habe er eines Tages eröffnet, dies sei sein letzter Schultag. Danach habe sie ihn nicht wiedergesehen. Anschließend soll Kim Jong-un die Kim-Il-Sung-Militärakademie in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang besucht haben.

Bemerkenswert ist, dass der jüngste Sohn des Diktators dessen Nachfolge antreten soll - nicht aber der älteste. Dieser, Kim Jong-nam, soll seit rund sechs Jahren ein Luxusleben in Macau und Peking führen. Im Mai 2001 wurde er mit einem gefälschten dominikanischen Pass in Tokio festgenommen. In seiner Begleitung waren zwei Frauen und sein vierjähriger Sohn. Kim Jong-nam gab an, er habe das Tokioter Disneyland besuchen wollen, und wurde nach China abgeschoben. Kim Jong-il sagte nach dem peinlichen Eklat eine geplante China-Visite ab.