USA halten afghanische Sicherheitskräfte aber noch für unfähig, selbst für Ordnung zu sorgen

Washington. Private Sicherheitsdienste in Afghanistan sind "Plünderer" und "Diebe", die mafiaähnliche Gruppen und Terroristen finanzieren; die rund 50 000 Söldner schwächen die Polizei und die regulären Streitkräfte des Landes und fördern die Korruption.

Mit dieser düsteren Einschätzung hat der afghanische Präsident Hamid Karsai in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC seinen Entschluss begründet, bis zum Jahresende die 52 privaten Dienste zerschlagen und aus seinem Land werfen zu wollen. Karsai appellierte ausdrücklich "an den US-Steuerzahler", sein "hart verdientes Geld" nicht länger auf den Unterhalt der vielen mit einer Lizenz ausgestatteten (oder wild wuchernden) privaten Dienste verschwenden zu lassen.

In der amerikanischen Regierung - wie angeblich auch unter Nato-Kommandeuren - hält man Hamid Karsais radikale Forderung für abenteuerlich und den Termin für vollkommen unrealistisch. Nicht wenige sehen zudem in dem Bannfluch gegen die Söldner ein Ablenkungsmanöver, das Karsais eigene politische Schwäche und Bestechlichkeit vergessen machen soll.

Das alles erklärt, warum Karsais Kritik an der "parallelen Sicherheitsstruktur" des Söldnerheeres in den USA überwiegend wegwerfend kommentiert werden wird. Falsch ist sie deshalb noch nicht. Mehr als 19 000 bis 24 000 Söldner - die Angaben schwanken - arbeiten allein für die Amerikaner im Land, Militär wie Diplomaten, gut die Hälfte der Männer sind Afghanen. Es gehe nicht darum, erklärte Karsai nun gegenüber ABC, ausländische Botschaften, Hilfsorganisationen und reisende Politiker wie Diplomaten den Schutz privater Bewacher zu verbieten: "Aber wir werden ihnen definitiv nicht gestatten, auf den Straßen und in den Basaren zu sein oder die Handelswege- und Nachschublinien zu bewachen. Das ist Sache der afghanischen Regierung und der afghanischen Polizei."

Präsident Karsai beklagt, die Gesetze und die Souveränität seines Landes würden nicht gebührend respektiert. Die Alliierten halten dem entgegen, dass weder Afghanistans Militär noch die Polizei auch nur annähernd der ihnen von Karsai zugedachten Aufgabe gewachsen seien. Bis vor Kurzem hatte der Präsident Ende 2011 oder gar 2014 als Termine für den Bann gegen die Söldner genannt. "Je länger wir warten, desto mehr verlieren wir", sagte Karsai jetzt. Einer der Gründe sei, dass die Präsenz der Dienste die Armee und Polizei ausbluteten: "Wenn 50 000 Leute höhere Gehälter beziehen als die Polizisten, warum sollte ein junger Mann nicht einem privaten Dienst beitreten?"

Es gilt als sicher, dass die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Washington und Kabul durch Karsais jüngste Initiative noch heikler werden. Zudem gab er in dem ABC-Interview zu, einen seiner der Korruption angeklagten Mitarbeiter, Mohammed Zia Saleh, aus dem Gewahrsam alliierter Anti-Korruptions-Einheiten befreit zu haben: "Ich habe sehr, sehr stark interveniert", sagte Karsai. Es sei unerträglich, dass Menschen wie zu Zeiten der sowjetischen Besatzung von Bewaffneten aus ihren Häusern geholt und in obskuren Gefängnissen vor Pseudo-Gerichte gestellt werden. Er werde den beiden Einheiten, der amerikanischen "Major Crimes Task Force" und der "Sensitive Investigative Unit", neue Instruktionen über ihre Kompetenzen geben.

Der US-Senator John Kerry, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und derzeit in Kabul, hatte Karsai bei einem Treffen zu einem strengeren Durchgreifen gegen die Korruption gedrängt. "Präsident Karsai liegt genau richtig, wenn er die Präsenz privater Sicherheitsdienste minimieren will", sagte Kerry. Ob dies innerhalb von vier Monaten angemessen oder machbar sei, entziehe sich seinem Urteil.

Unbestritten ist, dass die Söldner, meist frühere Mudschaheddin, besser ausgebildet sind und mit 600 Dollar Monatssold um ein Vielfaches besser bezahlt werden als ein Polizist. Insider des Gewerbes sagen voraus, dass sich im Fall eines Banns bis zu zwei Drittel den Taliban anschließen würden. Die Männer, die Karsai "Diebe am Tag, Terroristen in der Nacht" nennt, kennten nichts anderes als ihr Kriegshandwerk.